Als die damalige rot-grüne Regierung Ende der Neunziger Jahre an die Macht kam, war eine ihrer ersten Maßnahmen die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts.
Bis dahin galt: Wer Deutscher ist oder werden will, muss „deutsches Blut“ in den Adern haben.
Diese Regelung war uralt.
Bei uns in der Gegend stand ein Spätaussiedlerheim. Ich
erinnere mich, dass in meiner Grundschule viele Kinder aus Osteuropa waren,
die deutsche Vorfahren hatten. Deswegen durften sie nach Deutschland kommen,
und sie durften perspektivisch auch Deutsche werden.
Dieses Prinzip galt, angesichts der zunehmenden Vielfalt und
Durchmischung der Bevölkerung, irgendwann als überholt.
Man nahm sich, wie so oft, die USA als Vorbild.
Wenn in Amerika eine Frau ein Kind zur Welt bringt, ist das
Kind automatisch Amerikaner. Egal, woher die Eltern kommen. Das ist im „melting
pot“ USA auch gar nicht anders machbar. Wenn US-Behörden anfangen würden, die Herkunft
von Kindern zu ergründen, um ihre Nationalität zu bestimmen, würde dies einen unüberschaubaren
Wust an Bürokratie bedeuten. Deshalb dieser pragmatische Ansatz. Präsident
Trump wollte daran rütteln – vergeblich.
Zurück nach Deutschland.
Ich erinnere mich daran, dass der damalige Kanzler 1999 eine
Mehrheit für die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts suchte. Und sie in der damals
oppositionellen FDP fand. Die stimmte schließlich mit der Regierung für die
Reform. Sonst hätte es dafür keine Mehrheit gegeben.
Mit dieser „Koalition“ wurde quasi das heutige
Regierungsbündnis vorweggenommen.
Die erste Maßnahme der „Ampel“ im Jahr 2021 war auch eine
gesellschaftliche Modernisierung, konkret die Abschaffung des Paragraphen 219
im Strafgesetzbuch. Es bleibt zu hoffen, dass noch mehr solcher Modernisierungen
folgen.