19.1.24

Aktuelle Gedanken zur Gesellschaft

Ich hatte an anderer Stelle ja schon einmal vom Thema „Heimat“ geschrieben. Gestern sah ich die „Tagesschau vor 20 Jahren“ von 2004, in der der Regisseur Edgar Reitz wegen seiner „Heimat“-Trilogie vom Land Rheinland-Pfalz ausgezeichnet wurde. Die Laudatio hielt damals Kurt Beck.

Heimat ist für mich da, wo man sich wohl fühlt.

Meine evangelische Mutter fühlte sich im katholischen Rheinland am Wohlsten. Mein katholischer Vater im evangelischen Niedersachsen.

Ich als evangelischer Rheinländer, der im Ruhrgebiet lebt? Diese Frage kann ich nicht so leicht beantworten.

Jedenfalls spielt die Frage, ob man in der Diaspora lebt, bei mir keine große Rolle. Die Bedeutung von Kirchen, aber auch Gewerkschaften und Parteien, geht seit Jahrzehnten zurück. Die Menschen ziehen sich zunehmend ins Private zurück. Zugleich stimmen die Begriffe „gläubig“, „links“ und „rechts“ nicht mehr so recht. Klassische Medien, ob Zeitungen, Zeitschriften, TV oder Radio, verlieren immer mehr an Zuspruch. Die Aufmerksamkeitsökonomie fokussiert sich auf Internet, Smartphone, Streamingdienste und Spielekonsolen.

Die Gesellschaft verändert sich, und ist in einem kontinuierlichen Wandel.

Ich schreibe deshalb gerne darüber, weil ich Sozialwissenschaften studiert habe. Das heißt nicht zwangsläufig, dass ich Gesellschaft deswegen besser einschätzen kann.

Aber wenn ich beispielsweise Folgendes sehe: Wir fahren Auto immer noch wie vor 100 Jahren, mit Verbrennermotor und Benzin. Im Gegensatz dazu, haben sich Computer und Unterhaltungselektronik rasend schnell entwickelt.

Wie kommt es, dass manche Technologien stehen bleiben, und andere sich rasant fortentwickeln? Warum ist es kein Problem, sich alle zwei Jahre ein neues Smartphone und ein neues TV mit den neuesten technologischen Entwicklungen zu kaufen, aber ein Problem, sich ein Auto mit Elektroantrieb zuzulegen?

Ich frage das als Jemand, der selbst noch einen Verbrenner fährt.

Warum dauern manche Entwicklungen so lange, und andere gehen so schnell? Ist das Traditionalismus, Konservatismus, Beharrungsvermögen? Ich weiß es nicht.

Zurück zum Thema „Heimat“.

Der baden-württembergische Ministerpräsident von den Grünen hat sich einmal recht abfällig über dieses Thema geäußert. Dabei ist er selbst kein gebürtiger „Südweschtler“ und regiert ein traditionsbewusstes Bundesland. Bei „uns“ in NRW, das weniger ländlich, mehr urban, geprägt ist, geht man mit diesem Begriff entspannter um. Mein Vater sprach in Bezug auf NRW oft davon, dass hier das „Beharrungsvermögen“ ausgeprägter sei als anderswo. Allerdings war das in den 1990er-Jahren, und er meinte wohl die Kohlesubventionen.

Dass es in jedem Bundesland anders zugeht, merkt man auch an der Debatte ums Gendern. Während nach den AfD-Erfolgen bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern das Gendern „top down“, also von oben, verboten wurde, will man sich in NRW „mit so einem Scheiß“ (Zitat Nachrichtenmagazin „DER SPIEGEL“) regierungsseitig nicht beschäftigen.

Warum auch.

Soweit meine Gedanken zum Thema Heimat, Gesellschaft, Gendern und Verkehr.

(ERGÄNZUNG: Mein Satz "Warum auch" wird in der englischen automatischen Übersetzung lapidar als "Why?" übersetzt. Korrekterweise müsste die Übersetzung, für die englischen Leser, heißen: Warum sollte sich die nordrhein-westfälische Landesregierung auch mit so etwas beschäftigen.)

(ERGÄNZUNG, 20.01.24: Der Soziologe Prof. Heinz Bude hat zur gesellschaftlichen Entwicklung in einer TV-Vorlesung mal folgenden Satz gesagt, den ich bemerkenswert fand:

"Es wird alles besser und schlechter zur gleichen Zeit.")

15.1.24

Für Demokratie - Gegen Rechtsextremismus

 Heute findet in meiner Stadt eine große Demo pro Demokratie statt.

Die ist auch dringend notwendig. Denn Gegner der Demokratie haben Zulauf.

Ich kann mich nur wiederholen: 

Lasst uns den Diskurs, das "agenda setting", nicht von den Rechten aufdrängen.

Lasst uns über die wirklich wichtigen Themen reden.

Davon gibt es schließlich mehr als genug.

7.1.24

Was die Ostdeutschen uns Westdeutschen voraus haben

Neulich traf ich eine gebürtige ostdeutsche Frau, die im Ruhrgebiet lebt.

Wir unterhielten uns. Kamen auf das Thema Wahlen und Demokratie.

Sie war der Meinung, dass Wahlen heute immer noch gefälscht werden. Dass die Medien nicht die Wahrheit berichten.

Ich widersprach sanft. Aber entschieden.

Warum?

Nun, sie hatte mir etwas voraus.

Sie hatte erlebt, dass man ins Gefängnis kommen kann, wenn man seine Meinung offen sagt. Sie hatte erlebt, dass man sterben kann, wenn man in die Freiheit flüchten will. Sie hatte erlebt, dass Wahlen gefälscht werden. Sie hatte erlebt, dass Medien nur Propaganda verbreiten. Sie hatte erlebt, dass man nicht alles kaufen kann, was man möchte.

Ich hatte das alles nicht erlebt.

Ich vermute, das allgemeine Misstrauen, das in Ostdeutschland gegen unser „System“ (wenn man diesen kompromittierenden Begriff einmal verwenden will) herrscht, hat viel mit deren Erfahrungen und Sozialisation zu tun, die wir gebürtigen Westdeutschen nicht haben.

Die Menschen von Ostsee bis zum Erzgebirge, zumindest die Älteren, haben das Grundvertrauen in den Staat, Regierung und Gesellschaft nicht in der Form, wie wir Älteren, vor 1989 geborenen Westdeutschen.

Es braucht Zeit, Generationen, bis sich das angleicht.

Daher wird auch die Phase der Stärkung des rechten Randes nur eine Phase sein.
Davon bin ich überzeugt.

An die Frauen, denen ich „Danke“ sagen möchte

Ich danke meiner Mutter in den Himmel, dass sie mich zu einem empathischen Menschen erzogen hat. 

Ich danke meiner Schwester, dass sie sich so vorbildlich um meine Mutter gekümmert hat, als ich es nicht mehr konnte. 

Ich danke meiner Patentante für ihre immer menschliche und freundliche Art. 

Ich danke meiner Tante für ihre gerade und direkte Art, die mich geprägt hat. 

Ich danke meinen Deutschlehrerinnen in Hessen und NRW, die mir die Begeisterung für die deutsche Sprache beigebracht haben, und meine Talente förderten. 

Ich danke meinen Ärztinnen und Therapeutinnen für ihre Behandlung.


Ihr habt mich geprägt. Danke. 

1.1.24

ÜBER SATIRE: nuhr 2023 (ARD, Dieter Nuhr)

Beim Zappen stieß ich gestern Abend auf die Wiederholung von "nuhr2023"

Ich wundere mich immer wieder, dass die ARD jemanden eine Kabarett- und Satiresendung moderieren lässt, der keinen Funken Humor hat.

Seine Bemerkungen, etwa über Robert Habeck, waren einfach nicht amüsant. Außer für das Klatschvolk vor Ort.

Im Internet lässt sich Nuhr gerne interviewen von Menschen, die sich - wie er - über andere Menschen und den "Zeitgeist" aufregen. Kann er gerne machen. Nu(h)r sollte das humorvoll sein.

Ist es aber nicht.

Schade.