In letzter Zeit habe ich den Begriff „System“ mehrmals gebraucht.
Er wird oft, fälschlicherweise, allein der politischen Rechten zugeordnet, die damit ihre Ablehnung gegen unseren demokratischen Staat ausdrückt. Das ist genauso falsch, wie die Tatsache, dass das Wort „Regime“ im allgemeinen Sprachgebrauch und in den Medien nur für diktatorische Regierungen verwendet wird. In Wahrheit ist „Regime“ ein neutraler Begriff, der für alle Regierungen eingesetzt werden könnte – wenn man es denn täte.
Nun, Niklas Luhmann unterscheidet in seiner „Systemtheorie“ Mikro- und Makrosysteme. Ein Mikrosystem ist etwa eine Liebesbeziehung, ein Makrosystem ist etwa ein Rechtssystem. Man kann das vergleichen mit der Mikro- und Makroökonomie. Oder, natürlich, mit der Mikro- und Makrosoziologie.
Luhmanns Werk ist nicht einfach zu verstehen; einen Zugang für Außenstehende zu finden, ist nicht leicht. Ich empfehle jedem, der sich damit beschäftigen will, erst mal den entsprechenden Wikipedia-Artikel zu lesen (obwohl Wikipedia an Universitäten „nicht zitierfähig ist“, worauf ich während meiner Studienzeit immer wieder hingewiesen wurde).
Luhmann und Jürgen Habermas - mit dem ich mich auch im Studium beschäftigte – waren sich in einigen Punkten nicht einig, und hatten auch eine Kontroverse. Luhmann lehrte in Bielefeld, Habermas in Frankfurt. Das sind zwei Universitäten mit renommierten sozialwissenschaftlichen Fakultäten.
Also: Bitte den Begriff „System“ nicht falsch verstehen, wenn ich ihn verwende.
(ERGÄNZUNG, 16.3.24: Prof. Philipp Felsch von der Humboldt-Uni Berlin bezeichnet Luhmann in einem Essay heute in der "Süddeutschen" als "antiidealistisch" und "neokonservativ". In Essen hörte ich etwas über Luhmann, in Frankfurt über Habermas. Ich würde mich nicht als Intellektuellen bezeichnen, oder behaupten, dass ich beide Theorien wiedergeben könnte - schließlich ist mein Studium auch schon wieder mehr als 15 Jahre her.
Aber ich finde Streit zwischen "linken" und "rechten" Intellektuellen spannend. Ähnlich den Historikerstreit von 1986, in den Ernst Jünger und - wieder - Jürgen Habermas involviert waren.)