29.1.25

Warum Friedrich Merz heute die Tür für eine GroKo und Schwarz-Grün zugestoßen hat

Die lang erwartete Bundestagsdebatte ist vorbei. Ein Antrag der Union zur Migration ist tatsächlich mit den Stimmen von FDP und AfD durchgekommen. Ein weiterer wurde abgelehnt.

Für Merz’ Wunschkoalition Schwarz-Gelb (für die heute übrigens auch Wirtschaftslobbyisten in Berlin „demonstrierten“) wird es nicht reichen. Die FDP kann froh sein, wenn sie am 23. Februar überhaupt die Fünf-Prozent-Marke überschreitet.

Und was ist mit den derzeit wahrscheinlichsten Koalitionen, GroKo, Schwarz-Grün und Schwarz-Rot-Grün - letztere, falls am Ende doch sieben Parteien im Bundestag sitzen sollten?

Nun, die Mehrheitsverhältnisse sind jetzt noch nicht absehbar. Aber die Tür ist zugeschlagen. Unter einer Führung von Merz wird es eine GroKo oder Schwarz-(Rot)-Grün nicht lange geben. 

Falls diese Regierungskonstellation überhaupt zustande kommt.

Den Tabubruch, einen Antrag im Bundestag mit Hilfe der Rechtsextremen durchzubringen, werden ihm SPD und Grüne nicht vergessen. Hitzkopf, der er nun mal ist, war Merz das egal.

Es wird ihm noch sehr schaden.

25.1.25

Der Rheinländer in mir

Gerade habe ich es geschrieben. Ich werde morgen nach Bonn fahren. In die alte Bundeshauptstadt.

Ich wohne mittlerweile auch wieder im Rheinland. Wenn auch an anderer Stelle als meinem Geburtsort.

Mit der Musik von den Bläck Fööss und BAP; mit der Musik von Kraftwerk und den Toten Hosen, bin ich aufgewachsen. Die Schallplatten habe ich durchgehört, bis sie völlig zerkratzt waren.

Ich schätze die Liberalität und Weltoffenheit der Rheinländer. Auch im Ruhrgebiet, wo ich die längste Zeit meines Lebens gelebt habe, sind die Menschen grundsätzlich tolerant. Aber eben auch, sorry, manchmal etwas prollig. Und das mochte ich dort nicht so.

Mit dem Karneval und der Feierfreudigkeit der Menschen habe ich – bisher – noch keine großen Berührungspunkte gehabt. Aber das kann sich ja ändern.

Ich fühle mich hier wohl.

Willy Brandt, Alfred Herrhausen, die 68er, ich und mein Vater

Gerade eben sah ich im TV eine Dokumentation über Willy Brandt. Ich kannte sie zwar schon, aber in mir entstand sofort der Wunsch, mal wieder nach Bonn, der alten Bundeshauptstadt und seiner alten Wirkungsstätte, zu fahren.

Als der ehemalige SPD-Kanzler 1992 starb, war ich elf Jahre alt. Ich erinnere mich, dass bei uns daheim der „SPIEGEL“ mit seinem Konterfei lag. Ich fragte meinen Vater, ob er traurig sei, dass Willy Brandt gestorben sei, und er erwiderte, ja, da sei er traurig.

Später erzählte er mir, wie sie 1972 „Willy wählen“ - Plakate aus den Fenstern ihres Studentenwohnheims in Göttingen gehängt hatten. Göttingen war ohnehin eine Hochburg der erfolgreichen Nach-68er-Politiker. Hier studierten zu Zeiten meines Vaters auch Gerhard Schröder und Jürgen Trittin.

Bei allen Widersprüchen, die diese Aufbruchs-Generation mit sich trägt. Da war zum Beispiel der Terrorismus der RAF-Jahre, der ja auch eine der Folgen der kulturellen Revolution von „1968“ war.

Als ich in Frankfurt studierte, war ich einmal auf den Spuren des von der RAF ermordeten Ex-Deutsche-Bank-Chefs Alfred Herrhausen. Der stammte aus Essen, wo auch ich die meiste Zeit meines Lebens verbracht habe. Ich fuhr nach Bad Homburg. Und stand plötzlich an der Stelle, an der er 1989 gestorben war. Dort stand eine Gedenkstätte mit einem Kranz des damals noch lebenden Ex-Kanzlers Helmut Kohl.

Ich bin nicht dorthin gefahren, weil ich mit den Ideen der terroristischen Verbrecher sympathisierte. 

Im Gegenteil. Ich wollte verstehen.

Ich wollte verstehen, wie die alte Bundesrepublik vor 1989, in der ich aufgewachsen bin, tickte. Ich hatte die Filme „Todesspiel“ von Heinrich Breloer und „Black Box BRD“ von Andreas Veiel gesehen. Letzterer beleuchtet die Leben von Alfred Herrhausen und des Terroristen Wolfgang Grams parallel. Und ich war tief erschüttert.

Um nun auf meinen Vater zurück zu kommen, den von der demokratischen Seite der Nach-68er-Bewegung geprägten SPD-Anhänger und kritischen Journalisten, der er immer war - es gibt Vieles, was ich meiner Elterngeneration vorwerfen kann. 

Aber eines nicht:

Sie wollten es besser machen, als ihre eigene Elterngeneration. Sie wollten mit den Schatten der Vergangenheit aufräumen und sich davon demokratisch distanzieren.

Das rechne ich ihnen hoch an. 

11.1.25

SATIRE: Wer hat hier einen an der Klatsche?

Ich weiß nicht, ob jemand unter meinen Lesern die "Diskussion" zwischen Elon Musk und Alice Weidel (AfD) auf der für ihre Pluralität bekannten Plattform "X" verfolgt hat. Die im Übrigen derart plural ist, dass fast alle deutschen Hochschulen sich von ihr aus Protest verabschieden wollen.

Dass Hitler Kommunist war, weiß jeder, der in der Schule im Geschichtsunterricht aufgepasst hat. Oder wusstet ihr das etwa nicht? Ja, klar, so wird es sein, denkt sich vermutlich so mancher, der sich seine politische Bildung von so seriösen Internetplattformen wie TikTok, Instagram und Telegram zusammensucht.

Fast jeder Fünfte in Deutschland würde in Deutschland momentan die AfD wählen, laut Umfragen. Das sind wohl alle die, die im Geschichtsunterricht so gut aufgepasst haben, dass sie Hitler für einen Kommunisten halten - wenn Alice Weidel das sagt, und Elon Musk ihr zustimmt.

Es zeigt sich doch immer wieder: Die besten Demokraten sind die mit dem dicksten Portemonnaie. Ein "lupenreiner Demokrat", also jemand wie Musk oder Putin, will immer nur das Beste für das eigene Volk. Zu dem natürlich Menschen mit anderem Namen, anderer Religion, anderer Hautfarbe oder anderer sexueller Orientierung nicht gehören. 

Herzlichen Glückwunsch, Frau Weidel und Herr Musk, für diesen intellektuellen Dünnpfiff!

SATIRE-ENDE

 

29.12.24

Was ist in diesem Land los?

Deutschland war einmal eine Soziale Marktwirtschaft. Ein Land, das stolz war auf seine demokratische Entwicklung und Errungenschaften. Ein Land, das stolz war auf seinen sozialen Frieden, und in dem auch Schwächere eine Chance hatten. Ein Land mit gut ausgebildeten Facharbeitern und angemessenen Löhnen. Ein Land, das stolz war auf seine Liberalität und Weltoffenheit.

Laut einer weltweit durchgeführten BBC-Umfrage von vor einigen Jahren ist Deutschland das beliebteste Land. Und, ja, es stimmt auch, dass bei uns noch Einiges besser funktioniert als bei unseren Nachbarn oder in anderen gefährdeten Demokratien auf der Welt.

Aber die eisige Kälte in Deutschland bezieht sich nicht nur auf das Wetter. Elon Musk ist da nur die Spitze des Eisbergs. Bei der nächsten Bundestagswahl könnte die rechtsextreme AfD zweitstärkste Partei werden, glaubt man den Umfragen. Und der Chef der größten Oppositionspartei, ein ehemaliger Lobbyist eines Billionen schweren Vermögensverwalters, holzt gegen Schwächere.

Nach unten treten, das scheint die Devise zu sein, die sich Teile Deutschlands und Europas wünschen. Die meisten Deutschen schauen sorgenvoll aufs neue Jahr 2025. Angesichts von Kriegen und Krisen. Dabei müssten sie wissen, dass Deutschland politisch in der EU und militärisch in der NATO relativ sicher aufgehoben ist. Im Kalten Krieg, als die Front direkt durch Deutschland verlief, war die Lage viel prekärer.

Dennoch ist die Stimmung schlecht. Viele sehnen sich in eine vermeintlich bessere Vergangenheit zurück, die, näher betrachtet, eher schlechter war als heute. Retro ist in.

Ich wünsche Euch trotzdem einen guten Rutsch ins Jahr 2025. Bleibt mir treu.