14.5.22

Neoklassik vs. Keynes – zwei Wirtschaftstheorien in der Betrachtung

Stimmt es, dass angehende Ökonomen heute nur noch die Neoklassik lernen, und andere Theorien einfach weggelassen werden?

Ich weiß es nicht genau, denn ich habe nicht Ökonomie studiert. Mit den Grundzügen beider Theorien bin ich aber vertraut.

Wenn man politikwissenschaftliche Maßstäbe auf beide Theorien anwenden würde, könnte man die Neoklassik als „rechts“ und Keynes als „links“ verorten. Aber so einfach ist es nicht.

Keynes selbst sah seine Theorie als eine Art Ergänzung, „Weiterdenkung“ zur Neoklassik. So muss man sein 1936 erschienenes Werk auch verstehen.

Mein Vater sagte mir einmal, in den 1970er-Jahren habe man fast ausschließlich Keynes als Grundlage im Ökonomie-Studium gelernt. Kein Wunder, denn das war die Hoch-Zeit der Theorie: Konjunkturprogramme, Nachfragestärkung, „deficit spending“, Ausbau des Sozialstaates etc.

Mit der Stagflation Ende der 1970er begann die Renaissance der Neoklassik – zu dem, was Sozialwissenschaftler als „neoliberal“ klassifizieren: Rückbau des Staates, angebotsorientierte Wirtschaftspolitik, Steuersenkungen, Deregulierungen etc.

Sinnbildlich dafür standen Thatcher und Reagan. Letzter hatte einen Vizepräsidenten, George H. W. Bush, der die „trickle-down-theory“ seines Chefs als „voodoo economics“ verspottete – und doch als Präsident diese Politik fortführte. 

In Deutschland war dieser Trend nicht so stark zu verspüren. Doch mit Maßnahmen wie BaföG-Kürzungen, Privatisierungen und Haushaltsdefizitbegrenzungen wurde auch hierzulande neoklassische Theorie angewendet.

Welche der beiden Theorien hat nun „recht“? Nun, das hängt immer von der Zeit ab, in der sie angewendet werden. Die Maßnahmen, die Gerhard Schröder Anfang der 2000-er Jahre den Deutschen verordnete („Agenda 2010“), lagen alle schon seit Jahren in den Schubladen von Wirtschaft und Politik. Sie wären auch viel früher herausgeholt worden, wenn nicht die deutsche Einheit dazwischen gekommen wäre.

(ERGÄNZUNG, 16.6.22: Ich habe den Text gestrafft und gekürzt)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen