2.8.23

Hier nochmals meine Osterreise hochgeladen...:

  1. April, 15:58 Uhr, Flughafen Köln


Seit zweieinhalb Stunden sitze ich im Bus nach Frankfurt. Das Wetter ist schön, die Sonne scheint, auch wenn es kalt bist. Wir haben uns zuvor durch den Duisburger, Düsseldorfer und Leverkusener Stadtverkehr gequält. In Essen war der Bus, der übrigens bis nach Budapest fährt, noch leer.

Jetzt ist er voll.

Der Bus kommt aus der Slowakei, genau so wie die Fahrer, die aber Deutsch sprechen.

Ich lehne mich zurück. Die Fahrt geht weiter.


17:04 Uhr, Zwischenhalt Montabaur


Der hr meldet 10 Kilometer Stau und 40 Minuten Verzögerung auf der A3 Richtung Süden in Höhe Limburg wegen eines Unfalls. Ich sage dem Busfahrer Bescheid, der kein Radio hört. Er fährt tatsächlich über Land, nicht auf die Autobahn. Plötzlich aber nimmt er eine Abzweigung in die Pampa. Werden wir jemals ankommen? Obwohl ich die Strecke seit 33 Jahren kenne, bin ich hier über Land noch nie gefahren..


18:15 Uhr. Limburg

Ankunft nach einer Fahrt über Land. Endlich. Und im Radio wird schon der nächste „traffic jam“ gemeldet. Sowohl auf der 66 Richtung Frankfurt, als auch für die Strecke weiter Richtung Würzburg, wenn ich schon ausgestiegen sein werde. Immerhin hält das Wetter. Die Stimmung im Bus ist auch ruhig. Also alles entspannt.


  1. April, 12:15 Uhr, Frankfurt-Bockenheim

Nach der Ankunft gestern im Hotel bin ich todmüde ins Bett gefallen. Dafür war ich heute schon um sieben auf den Beinen.

Habe das Hotelfrühstück ausgelassen, und mir stattdessen was auf die Hand geholt. Danach fuhr ich mit der S1 bis zum Südbahnhof. Der Innenstadttunnel ist in den Osterferien wegen Bauarbeiten gesperrt, so dass ich nicht über den Hauptbahnhof fahren konnte.

Ich wollte meine alte Heimat mal wiedersehen.

Fuhr mit der S1 bis Obertshausen im Kreis Offenbach. Den Weg zu unserem alten Haus bin ich dann zu Fuß gelaufen. Wenig hatte sich in dreißig Jahren verändert, na gut, vielleicht bis auf ein paar Neubauten entlang des Weges.

Von unserem alten Haus in Obertshausen-Hausen bin ich dann meine alte Schulwegstrecke bis zum Rathaus gelaufen. Dort stieg ich in den 120er-Bus. Damals war es „der Zwanziger“.

In Mühlheim am Main stieg ich um in die S8 Richtung Frankfurt. Auch hier wurde der Zug, der sonst durch die Innenstadt fährt, zum Südbahnhof umgeleitet. Plötzlich, kurz hinter Offenbach, hält der Zug mitten auf der Strecke, und...die Zugtüren öffnen sich. Mittendrin. Ich, wie meine Mitfahrer, ganz erschrocken, wäre um ein Haar ausgestiegen. So was habe ich noch nie erlebt. Der Zugführer entschuldigt sich nicht mal, als wir weiterfahren.


Als ich an der Hauptwache ankomme, schlendere ich erst mal in der Sonne über die Zeil.

In einem großen Kaufhaus, das laut Medienberichten mittlerweile insolvent ist, kaufe ich im Schlussverkauf eine Winterjacke. Zufrieden fahre ins Hotel zurück und nehme ein Mittagsschläfchen.

Heute Abend treffe ich noch einen alten Freund.


  1. April, 11:16 Uhr, Göttingen

Vor 10 Minuten in Göttingen angekommen. Der Zug hatte zehn Minuten Verspätung wegen eines Polizeieinsatzes am Frankfurter Südbahnhof und war rappelvoll. Bei Sonnenschein sitze ich in einem italienischen Café und warte darauf, dass mein Hotelzimmer frei wird. Mein Gepäck habe ich dort schon abgegeben. Die Sonne scheint, circa 11 Grad sind es draußen. Die Stadt ist heute am Karfreitag menschenleer, bis auf einige wenige Spaziergänger.

Morgen fahre ich nach Osterode in den Harz, wo mein Vater geboren wurde. Abends gehe ich ins Theater. Der Latte Macchiato kommt, ich schaue auf die Fußgängerzone. Genieße die Sonne. Warte.


12 Uhr

Das letzte Mal in Göttingen war ich im Frühjahr 2001. Es war eiskalt, überall lag Schnee. Ich war noch Zivildienstleistender (für die Jüngeren: Googlen!).

Mein Vater wollte mich auf mein Studium vorbereiten. Sagte: „Jetzt zeige ich dir mal meine alte Universitätsstadt!“ Er freute sich. Ich dagegen war froh, mal ein paar Tage vom Stress im Krankenhaus loszukommen. Freute mich eigentlich eher aufs DXen im Süden Niedersachsens, als darauf, endlich eine Universität kennen zu lernen.

Jedenfalls saßen wir dann im „Nörgelbuff“, seiner alten Studentenkneipe. Er erzählte mit leuchtenden Augen von seiner Studienzeit. Wie ich später im Internet las, hatte zur gleichen Zeit wie er auch Gerhard Schröder hier in Göttingen studiert. Mein Vater Volkswirtschaft, Schröder Jura. Ob sie sich mal begegnet sind? Keine Ahnung.

Jedenfalls fuhren wir noch auf den ebenso schneebedeckten Torfhaus im Harz, während mich eine Freundin aus dem Ruhrgebiet auf dem Handy anrief, die ich eigentlich gar nicht mehr sehen wollte.

So dass ich dann doch froh war, von zu Hause weg zu sein.


Abends gingen wir dann noch ins Theater. Und nach wenigen Tagen musste ich daheim dann auch schon wieder arbeiten. Und hatte eigentlich immer noch keine Lust darauf, noch mal irgendwo die Schulbank zu drücken.


Dass ich es dann doch tat...ich bin doch froh drum.


19:07, Göttingen, Jüdengasse, Hotel Central


Nach einem langen Stadtrundgang im Sonnenuntergang sitze ich nachdenklich in meinem Zimmer. 22 Jahre ist das nun ziemlich genau her, dass ich in dieser Stadt zuletzt war. Ich habe einen sehr freundlichen Eindruck von ihr. Nicht zu vergleichen mit dem eiskalten Wetter, das herrschte, als ich 2001 hier verweilte. Denke an meinen Vater und meine Mutter, und an die „Abschiedstournee“, die ich hinter mir, und noch vor mir habe.


19:26 Uhr

Das Zimmer ist spartanisch eingerichtet. Es erinnert schon sehr an eine typische Studentenbude. Vermutlich übernachten hier viele, die sich schon mal auf ihr Studium vorbereiten wollen. Und ihre Angehörigen. Ich erinnere mich, dass wir damals, 2001, in einem ibis-Hotel übernachtet haben (es gibt auch noch Best Western, Steigenberger, Hilton, um hier keine Werbung zu machen). Die Müdigkeit übermannt mich. Und ich lege mich schlafen.


  1. April, 11:02 Uhr


Mein Aufenthalt in Göttingen neigt sich dem Ende entgegen.

Gestern Abend hatte ich ein Theaterstück namens „Jeeps“ besucht. Es war eine Satire rund um JobCenter und Erben. Sehr lustig. Passend. Die Sonne scheint nicht, aber es ist trocken. Die Kirchenglocken läuten zum Ostersonntagsgottesdienst. Ich bestelle einen Kaffee. Warte auf den Zug, der mich um 12.25 Uhr weiter nach Hamburg bringt.


17:45 Uhr, Hamburg, Amsinckstraße


Seit drei Stunden bin ich nun in der Stadt. Fuhr zu den Landungsbrücken und aß in der Sonne in den Touristenmassen (Achtung: Klischee, Klischee!) ein Fischbrötchen. Was ich heute Abend noch hier machen werde? I won't tell you...;-)


  1. April, 06:48 Uhr


Ich warte auf das Frühstück.


Es gibt einen Song über Hamburg, der mich geprägt hat. Und zwar Udo Lindenbergs „Reeperbahn“. (Die Version von 1978, nicht die neue. Deutsche Version von „Penny Lane“). Mein Vater hatte auch diese Platte im Regal stehen. Da kann ich auch noch jede Zeile auswendig. Leider muss ich heute schon weiterfahren. Mit dem Bus, in die Heimat meiner Mutter.


15:45 Uhr, Leer, Hotel Oberledinger Hof


Über Bremen bin ich heute gegen Mittag in der Geburtsstadt meiner Mutter angekommen. Hier war ich mit meinen Eltern oft. Fuhr in das Heimatdorf meiner Mutter, das ich mit ihr zuletzt vor etwas mehr als drei Jahren besuchte.


Heute komme ich alleine, ohne sie.


Mit meinem Mietwagen fuhr ich am Deich entlang und trank im Heimatort meiner Mutter in einem Café, direkt am Wasser, einen heißen Kakao. Ich dachte darüber nach, warum ich hier so oft gewesen bin, im Heimatort meines Vaters im Harz jedoch nie. Den habe ich ja gerade wenige Tage zuvor, zum ersten Mal zu Gesicht bekommen. Vielleicht wollte er nicht mehr dorthin zurück.


Ich werde es nie erfahren.


Zum x-ten Male nehme ich mir vor, das Rauchen einzustellen, wenn ich wieder daheim bin.

Morgen fahre ich zurück nach Hause. Ich werfe mich aufs Bett und lese einen Mallorca-Krimi.


16:32 Uhr


Meine Mutter hat ihre Heimat 1967 verlassen, direkt nach dem Abitur.


Sie ging nach München, für ein Soziales Jahr. Das waren damals 13 Stunden Fahrt mit dem Zug, wie sie immer wieder erzählte. Danach studierte sie an der Pädagogischen Hochschule München Lehramt, wollte aber nicht in Bayern Lehrerin werden. Deshalb ging sie Anfang der Siebziger Jahre nach Köln. Als sie mit ihren Habseligkeiten in Köln ankam, kaufte sie sich einen „Kölner Stadt-Anzeiger“ und nahm sich die erstbeste Studentenbude.


Sie war mutig. Geradezu kühn.


Ihre Heimat hat sie in Gedanken nie ganz verlassen. Über den US-Filmemacher Michael Moore, der aus Flint, Michigan, kommt, hat mal jemand - halb im Ernst, halb im Spaß - gesagt: „Man bekommt Michael aus Flint 'raus, aber man bekommt Flint nicht 'raus aus Michael.“


So war es bei meiner Mutter auch. Das liebte ich an ihr.


Meine Großmutter wohnte noch Jahrzehnte, nach dem Tod meines Großvaters, in ihrem Elternhaus alleine weiter. 1994 sollte sie nach Essen kommen. Sie hielt es dort nur wenige Wochen aus. Dann fuhr sie wieder nach Hause.


1996 kam meine Großmutter ins Altersheim. Ein Jahr später räumten ich und meine Mutter ihr Haus aus. Meine Großmutter konnte nichts wegwerfen, und hatte über all die Jahre und Jahrzehnte allen möglichen Krimskrams gesammelt. Es dauerte eine Woche, bis wir fertig waren.

Und wie wir fertig waren!


Ich liebe meine Eltern.


Das Leben ist schön.


  1. April, 14:50 Uhr, Essen


Ich bin zurück zu Hause.


Auf dem Weg von Ostfriesland zurück ins Ruhrgebiet habe ich dann noch spontan Zwischenstopp in Gronau gemacht. Im Rock'n'Pop-Museum von Udo Lindenberg. War sehr unterhaltsam. Kann ich jedem nur empfehlen.


Hier endet meine Osterreise.


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