Als 1998 die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder gewählt wurde, war ich, wie viele junge Menschen, voller Hoffnung.
Die Wahl fand wenige Wochen vor meinem 18. Geburtstag statt. Wählen durfte ich noch nicht.
Ich verband mit der Abwahl Helmut Kohls einen grundsätzlichen Neuanfang auf vielen Politikfeldern.
Wirtschaftlich sah es damals schlecht aus. Die Arbeitslosigkeit war hoch und stieg weiter, ebenso die Staatsverschuldung. Das „Bündnis für Arbeit“ von Gewerkschaften und Arbeitgebervertretern (als Vorbild diente hier die „Konzertierte Aktion“ der 1960er-/1970er-Jahre) war gerade gescheitert. „Reformstau“ war ein geflügeltes Wort. Auch gesellschafts- und umweltpolitisch ging nichts voran.
Schröders Regierung geriet bald nach Amtsantritt in Turbulenzen. Es fing an mit dem frühen Rücktritt von Oskar Lafontaine (SPD) als Bundesfinanzminister. Es folgten der Kosovokrieg und der NATO-Angriff auf Jugoslawien, was wiederum die Grünen in moralische Turbulenzen stürzte. Viele Landtagswahlen gingen verloren.
Erst – ausgerechnet – mit einem Auftritt des Bundeskanzlers bei „Wetten, dass…?“ und der Rettung des Holzmann-Konzerns wendete sich das Blatt. Auch die Spendenaffäre der Union half der rot-grünen Regierung in den Umfragen.
Die Zeiten wurden ruhiger. Der 11. September 2001 markierte für den Westen eine „Zeitenwende“ (um Olaf Scholz zu zitieren). Am Afghanistan-Krieg beteiligte sich die Bundeswehr, am Irakkrieg nicht. Beides geschah mit großer Zustimmung der deutschen Bevölkerung.
Doch die Wirtschaftsdaten wurden nicht besser.
Erwerbslosigkeit und Staatsverschuldung blieben hoch. Deutschland galt, wie zu den Spätzeiten der Ära Kohl, immer noch als „kranker Mann Europas“. Infolgedessen schob Kanzler Schröder seine „Agenda 2010“ an. Die in seiner eigenen Partei hochumstritten war. Er setzte sie durch. Nach der verlorenen Wahl in Nordrhein-Westfalen setzte Schröder Neuwahlen im Bund an, die er knapp verlor, aber seine Partei immerhin in eine große Koalition rettete.
War „Rot-Grün“ nun ein Projekt?
Ich würde das so sehen: Ähnlich, wie jetzt unter der „Ampel“, wurden gesellschaftspolitisch Fortschritte erzielt. Das Staatsbürgerschaftsrecht wurde modernisiert, die Eingetragenen Lebenspartnerschaften wurden eingeführt, der Atomausstieg eingeleitet. Das als Beispiel.
Doch die Probleme waren damals, ähnlich wie heute, die Wirtschaft und das Soziale. Die „Ampel“ heute hat, als Zusatzprobleme, noch den Streit um die Löcher im Bundeshaushalt, die Energiewende, sowie erstarkende rechtsextreme und populistische Konkurrenz. Das macht die Situation noch komplizierter als für "Rot-Grün" damals.
Wird die „Ampel“ 2025 weiter machen?
Der Wähler wird entscheiden.
Wir werden es sehen.