Heute Abend sah ich den neuen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) im ARD-Interview. Mir kam es so vor, als seien die Neunziger zurück. Weimer tat das, was die Linken bis Schröders Kanzlerschaft immer den Rechten vorwarfen:
Er „warf alles in einen Topf“.
Konkret kritisierte er vermeintliche „Wokeness“. Im gleichen Atemzug versprach er, US-Monopol-Technologiekonzerne zu besteuern und warf ihnen Rechtslastigkeit vor. Motto: „Zuckerbrot und Peitsche“ für die Kritiker.
Weimer unterscheidet nicht zwischen linker und rechter Gesellschaftskritik. Für ihn, der sich für einen aufgeklärten, liberalen Bildungsbürger hält, ist das alles eine Soße, was von Rechtsaußen (AfD) oder Linksaußen (Linkspartei) kommt. Hauptsache, die von ihm verehrte „bürgerliche Mitte“ (die ich hier schon einmal demontiert habe) ist stark und regiert.
Auch die Wirtschaftspolitik (Merz/Linnemann/Reiche) versprüht den Duft einer längst vergangenen Epoche. Die Regierung - also auch die SPD! – will ans Bürgergeld, die Rente und an die Lebensarbeitszeit ran.
Bürgergeld soll durch „Grundsicherung“ ersetzt werden, das Rentenniveau - so implizieren es konservative Politiker – kann nicht so bleiben, weil wir ja alle immer älter werden, und weil es von uns Älteren ja immer mehr gibt. Und die Lebensarbeitszeit, das fordern unionsnahe Wirtschaftsverbände schon lange, müsste dann eigentlich doch schon irgendwie, irgendwann auf 70 steigen.
Als wären die Neunziger mit ihrem Deregulierungs-, Privatisierungs-, und Kürzungswahn wieder da.
Schöne Aussichten.