13.9.23

Die Krux der Ampel-Regierung

Hier eine Einschätzung zur Situation der Bundespolitik.

Erstmal ist die „Ampel-Koalition“, wie es ein Trierer Politikwissenschaftler formuliert hat, schlichtweg eine ungewöhnliche Koalition. Eine heterogene Drei-Parteien-Regierung, weil aufgrund der Diversifizierung der Parteienlandschaft anders keine Mehrheiten mehr zu erreichen sind.

Die FDP ist rechtsliberal-wirtschaftsnah und regiert mit zwei Parteien, die tendenziell links von der Mitte stehen. Das führt naturgemäß zu Konflikten. Wie jenen, die wir rund um das Gebäudeenergiegesetz und die Kindergrundsicherung gesehen haben. Jene Punkte sind den Grünen wichtig, der FDP aber zu dirigistisch. Schwierig wird es bei also bei den Themen Soziales und Wirtschaft.

Hinzu kommt, dass Grüne und FDP ein Wählerklientel haben, das sich durchaus ähnlich ist: Tendenziell gut ausgebildet, tendenziell gut verdienend, tendenziell modern-reformistisch. Da gibt es also auch Konflikte um die Wählerschaft. In Fragen wie Zuwanderung, Abtreibung, Cannabis-Legalisierung und Selbstbestimmungsgesetz – also in gesellschaftspolitischen Fragen - sind sich die drei Regierungsparteien dagegen weitgehend einig .

Die SPD zögert in Sachen Waffenlieferung an die Ukraine, während ihre beiden kleinen Partner Druck machen. Sie muss diese Koalition bis zum geplanten Wahltag 2025 zusammen halten. Sich zurück halten, und mal dem einen, mal dem anderen Partner Rückendeckung geben.

Viele Menschen sind frustriert und ermüdet. Angesichts von Inflation, Wirtschaftskrise, den Folgen von Corona, Migration, Krieg und Klimawandel. Daher die hohen Zustimmungsraten zur AfD in momentanen Umfragen. Es steht zu erwarten, dass die Rechten bei den anstehenden Landtagswahlen gut abschneiden werden.

Die Union als größte Oppositionspartei kämpft derweil mit einem recht unbeliebten Vorsitzenden und eben jener Konkurrenz von rechts. Wie hält sie’s mit der AfD? Will sie mit denen irgendwo regieren, oder doch mit Grün oder Gelb? Wer wird Kanzlerkandidat? All diese Fragen sind für die Union noch nicht geklärt.

Am linken Rand droht derweil die Spaltung. Die Linke droht, durch die Wahlrechtsreform der „Ampel“ bei der nächsten Bundestagswahl aus dem Parlament zu fliegen. Sarah Wagenknecht liebäugelt seit Langem mit der Gründung einer eigenen Partei. Auch hier scheint ein noch unfertiger Prozess im Gange zu sein.

Wie die nächste Bundestagswahl ausgehen wird, halte ich daher noch längst nicht für ausgemacht. Es sind noch zwei Jahre bis dahin. Das ist in unserer heutigen Mediendemokratie eine lange Zeit.

9.9.23

SATIRE, Teil 3: Letzter Post

Da die KI sowieso alles besser kann, brauchen wir auf dieser Welt auch keine Kreativen mehr.

Deshalb ist das hier mein letzter Beitrag.

Ich verabschiede mich.

War schön mit euch.

Ciao. 

4.9.23

SATIRE, Teil 2: Me and Horst – Warum ich mich mit Horst Schlämmer abgefunden habe.

Horst Schlämmer ist stellvertretender Chefredakteur des fiktiven „Grevenbroicher Tageblatts“. Er ist fest in seiner Heimat verwurzelt, und hält sich für den Größten.

Grevenbroich liegt im Rhein-Kreis Neuss. Das ist die Stadt, in der auch ich geboren wurde.

Als Hape Kerkeling das erste Mal mit seiner Figur über die Mattscheibe flimmerte, konnte ich darüber nicht lachen. Ich war gerade dabei, mich in den Medien zu bewerben. Schlämmer ist provinziell, Alkoholiker, hält sich für den größten Stecher. Und er ist eine Figur, die so lustig ist, dass es weh tut.

Ich muss zugeben, als ich jünger war, dachte ich auch ein wenig wie Schlämmer. Dachte, ich werde so schnell etabliert sein, wie meine Vorbilder es waren.

Die Stadt Grevenbroich fand die Figur Schlämmer lustig. Zeichnete Kerkeling sogar aus. Das zeigt, dass Rheinländer auch über den Karneval hinaus Humor haben.

Ich habe mit Horst Schlämmer meinen Frieden gemacht. Arbeite momentan für eine Zeitung, die auch im Rhein-Kreis Neuss erscheint. Und wenn Außenstehende meinen, ich sei ein provinzieller Alkoholiker – bitte, dann bin ich es halt. Dabei trinke ich kaum Alkohol. (Spoiler: Achtung, Selbstironie! Satire!)

Aber Satire darf bekanntlich alles.


(ERGÄNZUNG, 16.3.24: Na ja, fast alles. 

Aber ob Herr K. mich, meinen Vater oder sonstwen mit seiner Figur meinte, ist dabei ziemlich zweitrangig. 

In jedem Fall ist es ein "Nach unten treten". 

Bloß, weil Herr K., wie viele erfolgreiche Künstler, auf Journalisten herabschaut. Ohne die sie niemals Erfolg hätten.) 

3.9.23

SATIRE: Me and Al – Warum ich „Eine schrecklich nette Familie" mag

„Married with Children“, so der Titel im Original, lief Mitte der Neunziger jeden Tag im Programm eines großen deutschen TV-Senders. Ich durfte es nicht sehen. Da waren meine Eltern konsequent. Sie setzten bei der Erziehung ihrer Kinder ausschließlich auf öffentlich-rechtliche Sender. Ich kannte einen anderen Lehrersohn, dessen Eltern sogar alle Privatsender aus der TV-Senderliste gelöscht hatten, weil sie deren Programm für Schund hielten.

Jedenfalls – in der Serie werden Frauen als strunzdumme „Dumpfbacken“ (im Original: „pumpkin“) bezeichnet, und Männer als ebenso doofe, TV- und sexgeile Idioten dargestellt. Die Serie lief in den USA auf FOX. Das ist das Network von Rupert Murdoch, dessen „Fox News“ seit einigen Jahren ja weltbekannt ist.

Ich vermute, so wie Al und Peg Bundy und ihre verzogenen Kinder, stellte sich Rupert Murdoch seine Zuschauer vor. Dumm, arm, faul, unerzogen und ständig geil.

Man muss fairerweise sagen, dass auch „Die Simpsons“ bei FOX laufen. Und das ist ja nun eine Familienserie, die ein satirisch-grelles Licht auf die US-Gesellschaft wirft. Und international gefeiert wird. Das durfte ich dann auch sehen. Allerdings muss man hinzufügen, dass die „Simpsons“ damals noch im ZDF liefen. Also einem öffentlich-rechtlichen Sender. (Übrigens immer Freitags, und danach kam „Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert“).

Heute schaue ich „Married with children“ immer wieder gerne. Weil in den 80ern und 90ern US-amerikanische Familien aus der unteren Mittelschicht so vermutlich tatsächlich waren. Sonst wäre die Serie nicht so erfolgreich gewesen. Und, ehrlich, manchmal erkenne ich mich in Al und Bud Bundy auch wieder.

Aber wem geht das nicht so?

2.9.23

Mein Besuch im britischen Parlament

Es war Februar 1999. Das alles ist lange her, und ich versuche es, aus dem Gedächtnis zu reproduzieren. So gut es geht.

Mitte Februar sind in Großbritannien eine Woche „mid term holidays. Meine Gasteltern fuhren mit dem mittleren und dem jüngeren Sohn ein paar Tage ins belgische Vielsalm. Ich war mit dem Großen allein zu Hause. Meine englischen Lehrer hatten sich für mich, meinen bayerischen Mitschüler, und zwei weitere Mitschüler von meiner High School etwas Besonderes überlegt.

Sie hatten einen Termin beim örtlichen MP („member of parliament“) gemacht, damit wir alle eine Führung durchs Unterhaus in London bekamen!

Wir, das waren wir vier Schüler, sowie eine Lehrerin, und weitere Bürger aus dem Wahlkreis in Kent, trafen uns morgens am Besuchereingang des Parlamentsgebäudes. Roger Gale, der „local MP“ von den Torys, kam und begrüßte uns. Wir gingen durch das altehrwürdige Gebäude, kamen an einer Statue von Winston Churchill vorbei. Ironischerweise war die Lehrerin, die das alles organisiert hatte, glühende Labour-Anhängerin. Sie hatte feuerrote Haare, und uns im Unterricht gestanden, dass sie von Churchill eigentlich nicht viel hielt.

Kent ist südöstliches England und normalerweise Gebiet für konservative Mehrheiten. Damals, 1999, allerdings regierte gerade Labour mit Tony Blair als Premierminister. Der war gerade zwei Jahre zuvor ins Amt gekommen und galt – damals noch – als politischer Superstar. Das sollte sich erst mit dem Eintritt Großbritanniens in den Irakkrieg Jahre später ändern.

Zurück zur Führung.

Wir gingen also durch das riesige Gebäude, und standen plötzlich mitten im Unterhaus. Jeder durfte mal an die Stelle treten, wo die Redner von Regierung und Opposition reden. Alle waren sehr beeindruckt, ich auch. Die grünen Bänke sahen genau so aus, wie man es aus dem Fernsehen kannte.

An viel mehr kann ich mich leider nicht erinnern. Es ist auch schon fast 25 Jahre her. Im selben Jahr fuhr ich mit einem Freund übrigens nach Berlin. Wir waren an dem Tag am Reichstag, als der Bundespräsident gewählt wurde.

Zwei Parlamente in einem Jahr, ein Jahr vorm Abitur – es war ein aufregendes und tolles Jahr.