22.11.23

„Gut“ und „Böse“, „Schwarz“ und „Weiß“ – Wie Medien ticken

Vorweg: Ich äußere mich nicht an dieser Stelle zum Israel-Hamas-Krieg und zum Krieg Russlands gegen die Ukraine.

An dieser Stelle möchte ich lediglich meine Wahrnehmung der medialen Berichterstattung darüber wiedergeben.

Ukraine und Israel sind „gut“. Russland und Hamas/Palästinenser sind „böse“.

Auf diesen Nenner, wenn man es mal ganz schlicht hält, könnte man das Echo in den klassischen Medien in Deutschland in Bezug auf beide Kriege bringen.

Ähnliches konnte man beim Präsidentschaftswahlkampf in Brasilien, beim Duell Bolsonaro (Teufel!) vs. Lula (Gott!), beobachten. Beim US-Duell Trump vs. Biden sowieso.

Unabhängig davon, wie man zu diesen Kriegen und Personen steht:

Ist es ein Wunder, dass beispielsweise viele Palästinenser- und Hamas-Anhänger die Sozialen Medien fluten mit ihren Botschaften? Warum tun sie das?

Weil sie in den klassischen Medien des Westens kein Gehör finden.

Ähnlich war es mit den Trump- und Bolsonaro-Anhängern in den USA und Brasilien. Sie wurden aufgestachelt durch Soziale Medien. Die klassischen Medien hatten ihr Schwarz-Weiß-Gut-Böse-Schema heraus gezogen, und danach die Welt eingeteilt. 

Das soll jetzt keinerlei Rechtfertigung für Demokratieverachter sein.

Aber es herrscht offenbar eine Diskrepanz zwischen der öffentlich geäußerten, und online geäußerten Meinung.

Das sieht man auch am derzeitigen Umfrageerfolg der AfD. Auch deren Anhänger fluten die Sozialen Medien mit Botschaften, weil sie in den klassischen Medien schlecht wegkommen.

Was man aus diese besorgniserregenden Entwicklung lernen kann? Offen gesagt, ich weiß es nicht.

An einer stärkeren Regulierung von Social Media, und auch von KI, wird wohl kein Weg vorbei führen.

Will man nicht noch mehr Polarisierung.

(ERGÄNZUNG, 20.01.24: Mein letzter Satz wird von der automatischen Übersetzung ins Englische falsch verstanden. Korrekt ist es keine Frage, sondern es muss heißen: "Man muss Social Media und AI mehr regulieren, wenn man nicht noch mehr Polarisierung will.")

17.11.23

Warum auch Nicht-Arbeiterkinder vom Impostor-Syndrom betroffen sein können

Ich bin kein Arbeiterkind. Meine Eltern hatten beide studiert.

Dennoch kenne ich ebenso das Gefühl, nicht genug zu leisten, und nicht genug Background zu haben.

Gerade habe ich einen entsprechenden Artikel auf "sueddeutsche.de" gelesen. Und mich in Vielem wiedergefunden.

Denn ich ging auf ein Gymnasium in einem reichen Stadtteil. Wir wohnten in einem Eigenheim, hatten immer genug zu Essen, fuhren ein- bis zweimal im Jahr in den Urlaub.

Das hatte ich.

Aber meine Mitschüler waren teils noch viel reicher. 

Sie kamen aus großbürgerlichen Elternhäusern, hatten teilweise mit 18, mit Erwerb des Führerscheins, bereits ihren Alfa Romeo vor der Tür stehen.

Das hatte ich nicht. 

Als ich mein Studium beendet hatte, bevor die Pflege meines Vaters begann, durchforstete ich erste Stellenanzeigen. Und fand eine der größten und bekanntesten deutschen Fluglinie in Frankfurt am Main.

Als Anforderung an den Bewerber stand darin: "Interkulturelle Kompetenz". Ich zeigte sie meinem Vater. Er las sie durch und kommentierte, früher habe man eine solche Anforderung an Vorstandsvorsitzende gestellt.

Und nicht an Berufsanfänger.

Da wusste ich, dass ich es schwer haben würde. Und damit sind wir wieder am Anfang dieses Beitrags.   

16.11.23

Das Bundesverfassungsgericht und seine Entscheidung zum Haushalt

Das BVerfG hat den Haushalt 2021 der „Ampel“ rückwirkend für verfassungswidrig erklärt.

Konkret geht es um Corona-Milliarden, die eingeplant waren, und für den Klimaschutz umgeschichtet werden sollten. Hintergrund ist offenbar – mal wieder – die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse.

Finanzminister Lindner und die Regierung haben jetzt ein Problem.

Nun, ich bin Politologe, kein Jurist. Ich halte dieses Urteil trotzdem für fatal. Es ist meiner Meinung nach nicht Aufgabe des BVerfG (der Judikative), über die Haushaltspolitik der Regierung (der Exekutive) zu bestimmen. Und diese entweder gutzuheißen, oder, wie in diesem Fall, zu kippen.

Der Etat ist einzig und allein Aufgabe der Bundesregierung.

Das Problem ist – mal wieder – die Schuldenbremse in der Verfassung. Die hat die FDP immer befürwortet. Das fällt ihrem Minister jetzt vor die Füße.

POLEMIK: Demnächst sollte man einzelne Entscheidungen der Regierung automatisch vom Bundesverfassungsgericht absegnen lassen. Dann entfällt auch der obligatorische „Gang nach Karlsruhe“. Oder, am Besten, gleich den Haushalt von den Verfassungsrichtern erstellen lassen. POLEMIK ENDE.

(ERGÄNZUNG, 29.11.23: Den Haushalt legt natürlich die jeweilige Bundesregierung, die Exekutive, vor. Aber das Recht, ihn zu verabschieden, liegt natürlich beim Parlament, der Legislative.)

13.11.23

Dialekte und Regionen, oder: Klischee und Wirklichkeit

Ich komme gerade zurück von einem Trip in die Metropolregion Halle/Leipzig.

Einer Region, in der ich – Asche über mein Haupt – noch nie war.

Dabei habe ich viel über das Verhältnis West-Ost nachgedacht. Und in Vorbereitung den derzeitigen Bestseller des Leipziger Professors Dirk Oschmann gelesen.

Auch über meine derzeitige Heimat, das Ruhrgebiet, habe ich nachgedacht. Vor langer Zeit fand ich in der Satirezeitschrift „Titanic“ einmal einen klischeebehafteten Artikel über die fiktive Ruhrpott-Figur „Jupp Pumpel“. Einem leicht debilen Männchen natürlich (!) aus Duisburg, das natürlich (!) ständig „datt“ und „watt“ sagt und natürlich (!) SPD-Mitglied ist.

So stellt man sich den Ruhrgebietsmenschen bei der „Titanic“ (die übrigens mal wieder kurz vor der Pleite stand) wohl vor. An deren Redaktionshaus ich übrigens immer vorbeikam, wenn ich zur Frankfurter Uni fuhr.

Aber zum schönen Stichwort Dialekt.

Ich erinnere mich gut, dass meine männlichen Mitschüler im Ruhrgebiet immer von ihrer „Perle“ sprachen, wenn sie ihre Freundin meinten. Das klang sympathisch, war mir jedoch auch etwas fremd. Denn ich hatte keine Freundin und liebe Dialekte, habe aber nur hochdeutsch sprechen gelernt.

Das war kein Ausdruck von Hochnäsigkeit oder Arroganz.

Mein - im Großraum Hannover geborener - Vater sprach null Dialekt. Mit seiner Mutter sprach er, imitierend, rheinisch. Auch er hatte Ausdrucksweisen, die mir fremd waren. So sagte er etwa: „Paaff Deine Sachen nicht so in den Schrank“, wenn er meinte, ich solle etwas ordentlicher sein. (Kommt das aus Niedersachsen oder aus dem Rheinland? Ich habe keine Ahnung.)

Meine Mutter sprach zwar ebenso hochdeutsch. Sie konnte aber auch ostfriesisches Platt reden, wenn sie mit ihren Bekannten am Telefon sprach. Da verstand ich kein Wort.

Meine eine, die rheinische, Oma sprach von „Ascheimer“, wenn sie den Mülleimer meinte. Und fragte „bisse jeck?“, wenn sie „bist du verrückt?“ meinte.

Meine andere, die norddeutsche, Oma sagte „kleen“, wenn sie „verschütten“ meinte. Und nannte mich „lüttje Kerlke“ als Kind.

Als ich in Hessen wohnte, erwischte ich mich tatsächlich manchmal dabei, „net“ statt „nicht“ zu sagen.

Zurück zum Ruhrgebiets-Deutsch.

Irgendwo, auf einer dieser Karriereseiten im Netz, habe ich mal gelesen, dass der Ruhrgebietsdialekt manche Arbeitgeber außerhalb des Ruhrgebiets angeblich (!) Menschen von der Einstellung abhält. Das teilt das Ruhrgebiet – ebenso angeblich (!) - mit den Sachsen. Womit wir wieder am Anfang wären.

Das zeigt: Gegen Dummheit sind auch Arbeitgeber nicht gefeit. Und man sollte nicht alles glauben, was im Netz steht.

Die Vielfalt unserer Regionen und Dialekte ist schließlich das, was unser Land ausmacht. 

25.10.23

Habe ich Vorurteile? Oder: Wie Vorurteile von Nachteil sein können

Habe ich Vorurteile? Natürlich. Jeder Mensch hat Vorurteile. Ich versuche, sie möglichst gering zu halten.

Ich habe keine Vorurteile gegen Juden und Muslime. Ich hasse niemanden wegen seiner Religion. Warum sollte ich auch? Wir haben in Deutschland Religionsfreiheit, und das finde ich gut.

Im Religionsunterricht auf dem Gymnasium mussten wir alles übers Judentum, den Islam und den Buddhismus lernen.

Wir schrieben darüber sogar einen Test: Was ist die Thora im Judentum? Welche Bedeutung hat die Kaaba im Islam? Was hat Buddha für eine Funktion in seiner Religion?

Wenn man das alles weiß, und vorurteilsfrei lernen muss, hat man auch keine Vorurteile.

Das fand ich an unserem evangelischen Religionsunterricht gut.

Dass Vorurteile auch wirtschaftlich von Nachteil sein können, zeigt das Beispiel YouTube.

Einer der Gründer der Firma kam aus dem Ausland zunächst nach Deutschland, hat mal in Sachsen-Anhalt gelebt. Er ist später, vor der Firmengründung, in die USA, ins Silicon Valley, ausgewandert. Weil er dort bessere Bedingungen, als hier in Deutschland, vorfand.

Angenommen, er hätte seine Firma tatsächlich in Sachsen-Anhalt gegründet, wäre das Bundesland heute vermutlich das Reichste unter den 16 Ländern. Aber immerhin bekommen sie dort jetzt eine Intel-Chipfabrik.

Ein Beispiel, bei dem es positiv gelaufen ist, ist bekanntlich BionTech in Mainz.

Die Gründung des Unternehmens, und dessen Entwicklung des Corona-Impfstoffes, hat das Bundesland Rheinland-Pfalz so reich gemacht, dass es im Länderfinanzausgleich vom Nehmer- zu den Geberstaaten aufstieg. Die beiden Firmengründer haben einen Migrationshintergrund.

Fazit: Es hilft, vorurteilsfrei und freundlich zu sein.