13.11.23

Dialekte und Regionen, oder: Klischee und Wirklichkeit

Ich komme gerade zurück von einem Trip in die Metropolregion Halle/Leipzig.

Einer Region, in der ich – Asche über mein Haupt – noch nie war.

Dabei habe ich viel über das Verhältnis West-Ost nachgedacht. Und in Vorbereitung den derzeitigen Bestseller des Leipziger Professors Dirk Oschmann gelesen.

Auch über meine derzeitige Heimat, das Ruhrgebiet, habe ich nachgedacht. Vor langer Zeit fand ich in der Satirezeitschrift „Titanic“ einmal einen klischeebehafteten Artikel über die fiktive Ruhrpott-Figur „Jupp Pumpel“. Einem leicht debilen Männchen natürlich (!) aus Duisburg, das natürlich (!) ständig „datt“ und „watt“ sagt und natürlich (!) SPD-Mitglied ist.

So stellt man sich den Ruhrgebietsmenschen bei der „Titanic“ (die übrigens mal wieder kurz vor der Pleite stand) wohl vor. An deren Redaktionshaus ich übrigens immer vorbeikam, wenn ich zur Frankfurter Uni fuhr.

Aber zum schönen Stichwort Dialekt.

Ich erinnere mich gut, dass meine männlichen Mitschüler im Ruhrgebiet immer von ihrer „Perle“ sprachen, wenn sie ihre Freundin meinten. Das klang sympathisch, war mir jedoch auch etwas fremd. Denn ich hatte keine Freundin und liebe Dialekte, habe aber nur hochdeutsch sprechen gelernt.

Das war kein Ausdruck von Hochnäsigkeit oder Arroganz.

Mein - im Großraum Hannover geborener - Vater sprach null Dialekt. Mit seiner Mutter sprach er, imitierend, rheinisch. Auch er hatte Ausdrucksweisen, die mir fremd waren. So sagte er etwa: „Paaff Deine Sachen nicht so in den Schrank“, wenn er meinte, ich solle etwas ordentlicher sein. (Kommt das aus Niedersachsen oder aus dem Rheinland? Ich habe keine Ahnung.)

Meine Mutter sprach zwar ebenso hochdeutsch. Sie konnte aber auch ostfriesisches Platt reden, wenn sie mit ihren Bekannten am Telefon sprach. Da verstand ich kein Wort.

Meine eine, die rheinische, Oma sprach von „Ascheimer“, wenn sie den Mülleimer meinte. Und fragte „bisse jeck?“, wenn sie „bist du verrückt?“ meinte.

Meine andere, die norddeutsche, Oma sagte „kleen“, wenn sie „verschütten“ meinte. Und nannte mich „lüttje Kerlke“ als Kind.

Als ich in Hessen wohnte, erwischte ich mich tatsächlich manchmal dabei, „net“ statt „nicht“ zu sagen.

Zurück zum Ruhrgebiets-Deutsch.

Irgendwo, auf einer dieser Karriereseiten im Netz, habe ich mal gelesen, dass der Ruhrgebietsdialekt manche Arbeitgeber außerhalb des Ruhrgebiets angeblich (!) Menschen von der Einstellung abhält. Das teilt das Ruhrgebiet – ebenso angeblich (!) - mit den Sachsen. Womit wir wieder am Anfang wären.

Das zeigt: Gegen Dummheit sind auch Arbeitgeber nicht gefeit. Und man sollte nicht alles glauben, was im Netz steht.

Die Vielfalt unserer Regionen und Dialekte ist schließlich das, was unser Land ausmacht. 

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