16.3.25

Kommentar zu Donald Trump

Im Sommer 2001, kurz vor den Anschlägen vom 11. September, kurz nach meinem Aufenthalt in den USA, titelte das Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ über die USA.

Es brachte ein Interview mit dem Chef der tschechischen „Budweiser“-Brauerei, die damals im Namensclinch mit der gleichnamigen US-Firma stand. Es wurden seltsame Fragen abgedruckt, die deutsche Austauschschüler in den USA von ihren Mitschülern zu hören bekamen. Zum Beispiel, ob Hitler noch unser „Präsident“ sei. Oder, wie der Verkehr in Deutschland laufen könne, wenn es nirgendwo ein Tempolimit gebe.

Und es druckte ein Interview ab mit – Donald Trump.

Ich erinnere mich, dass Trump im Gespräch gefragt wurde, warum er währenddessen die ganze Zeit Verträge unterschrieb. Er antwortete, er habe eigentlich hochbezahlte Angestellte, die das erledigen könnten. Aber seine Geschäftspartner wollten, dass er das selbst tue.

Außerdem sagte er, die USA hätten gerade acht Jahre Bill Clinton hinter sich, als er gefragt wurde, was er vom Sittenverfall in den USA hielt. (Man muss sagen, dass damals gerade George W. Bush im Amt war, dessen „mitfühlender Konservatismus“ bis zu den Anschlägen wenige Wochen später noch galt.)

Dennoch: Es war ein ganz normales Gespräch. Ohne jede Verschwörungstheorie, ohne Populismus, ohne die Aggressivität, die ihn heute – mehr als 20 Jahre später – auszeichnet. Damals allerdings hatte er vermutlich auch noch nicht vor, Präsident zu werden.

Sei es der Panama-Kanal, sei es Grönland, sei es Kanada – jeden Tag eine neue Volte. Mal verhängt Trump Zölle, um sie am nächsten Tag wieder auszusetzen. Mal lobt er Wladimir Putin, um ihm am nächsten Tag mit Sanktionen zu drohen. Das Chaos der ersten Amtszeit geht weiter.

Was ist mit diesem Ex-Societyliebling geschehen, das ihn so wütend und erratisch macht? Diese Frage könnte wahrscheinlich nur ein Psychologe beantworten, der ihn näher kennt. Die amerikanische Rechte sieht in ihm vermutlich die ideale Person, um den verhassten Linken und ihrer gesellschaftlichen Diskurshoheit ein- für allemal den Garaus zu machen. Die Homo-Ehe ist legal, Cannabis ist in vielen Bundesstaaten legal. Das ist vielen Konservativen ein Dorn im Auge. Deshalb vermutlich auch der Backlash in Sachen Abtreibung.

Dass die Republikaner damit die Demokratie aushebeln, ist ihnen vermutlich sehr bewusst. Aber der Hass gegen „die Anderen“ ist größer. 

9.3.25

Meine unangenehmen Erinnerungen an die Uni

Heute ist Sonntag. Zeit für Kontemplation.

Heute morgen nahm ich mir mal meine alte Magisterarbeit vor. Ich schrieb 2007 über den Arbeitsmarkt in meinem Hauptfach Politikwissenschaften.

Vieles, was ich damals formulierte, würde ich auch heute noch so schreiben, stellte ich fest.

Mein damaliger Prof sah das anders. Er nahm meine Abschlussarbeit in seinem Gutachten regelrecht auseinander.

Unter anderem hatte er mich angewiesen, aus dem damals aktuellen Gutachten der „Fünf Wirtschaftsweisen“ zu zitieren. Er nannte mir sogar die Stelle, sagte: „Schreiben Sie’s rein, das will ich in Ihrer Arbeit lesen!“

Ich tat, wie mir befohlen. Ich widmete der entsprechenden Stelle im Wirtschaftsgutachten ein ganzes Kapitel.

Was meinte der Prof dazu? Er schrieb über mein Kapitel, der Bezug zur Fragestellung bleibe ihm „etwas verschlossen“.

Absurd? Es geht noch absurder.

Ich hatte zuvor einen ehemaligen Pressesprecher eines großen TV-Senders als Dozenten. Er zeigte uns zu Beginn eine Talkshow mit sich als Gast, die zum damaligen Zeitpunkt schon mehr als zwanzig Jahre alt war. Sei’s drum.

Jedenfalls war er nicht in der Lage, uns einen Literaturplan vorzulegen. Geschweige denn mit den damals gebräuchlichen Mitteln wie Overheadprojektor oder Beamer umzugehen. Seine Folien strotzten vor Rechtschreibfehlern. Am Ende des Semesters brachte er einen Gast mit – und ließ uns Studierende dafür geschlagene zwei Stunden warten.

Das würde ich mir heute nicht mehr bieten lassen.

Im Nebenfach Geschichte besuchte ich einmal ein Blockseminar zum Thema „Appeasementpolitik“. Das Seminar sollte zwei Tage, Samstag und Sonntag, dauern. Doch als am Samstag bereits alle Referate gehalten waren, hatte der Prof keine Lust mehr. Er verkündete, er werde jetzt heimfahren. Wir sollten ihm die Hausarbeiten zuschicken.

Das tat ich dann auch. Wochenlang saß ich an meiner Hausarbeit zum Thema „Appeasementpolitik und die Rolle der britischen Presse“.

Was erhielt ich als Reaktion?

Einen hingerotzten Zweizeiler, so ungefähr: „Note ausreichend, weil Sie nicht zitieren können. Aber das ist ja auch kein Wunder. Sie studieren im Hauptfach Politikwissenschaften, und die Politikwissenschaftler sind unter uns Historikern ja dafür bekannt, dass sie nicht zitieren können“.

Auch das würde ich mir heute nicht mehr bieten lassen.

Im Fach Soziologie hatte ich einen Prof, dessen Kopf entfernt an den von Captain Picard vom „Raumschiff Enterprise“ erinnerte. Statt uns in die ewigen Weiten der Soziologie zu entführen, erzählte er lieber Dönekes von früher. Die mit dem Fach nichts zu tun hatten.

Im Hauptfach Politik hatte ich eine Professorin, die mit uns eine „Frameanalyse“ vornahm. Sie war aber nicht in der Lage, diese zu erklären. Und so formulierte ich die Hausarbeit so, wie ich sie verstanden hatte...mit dem Erfolg, dass ich zunächst eine „fünf“ dafür erhielt. Erst nach Überarbeitung erhielt ich dann doch noch den Schein mit einer besseren Note.

Und so weiter.

Wenn ich noch mal 20 wäre,...ach, lassen wir das ;-).

28.2.25

Was ist mit uns Männern los?

Laut einer ARD-Erhebung haben 27 Prozent der Männer bei der Bundestagswahl die AfD gewählt. US-Techmilliardäre, die vorher noch Diversity-Programme aufgelegt haben, huldigen jetzt dem Autokraten Donald Trump.

Ich sage es aus meiner Warte. Ich bin auch wütend auf das „System“. Ich fühle mich vom Staat und seinen Institutionen gegängelt und schikaniert. Wenn ich Macht hätte – ich würde Vieles verändern.

Aber ich käme nie auf die Idee, AfD zu wählen.

Früh habe ich mich mit der deutschen Geschichte auseinander gesetzt. Ich weiß, dass der Nationalsozialismus darin nicht nur ein „Vogelschiss“ (Alexander Gauland) war. Es war der Gnade der Alliierten zu verdanken, dass dieses Land nach zwei Weltkriegen und Millionen Toten wieder aufblühen durfte.

Als ich in England war, haben wir dort in der Schule die Geschichte der Weimarer Republik durchgenommen. Einer Demokratie, die gestorben ist. Junge, pubertierende Mädchen riefen mir und meinem deutschen Mitschüler „Nazi bastard“ auf dem Schulhof hinterher. Ich fühlte mich schlecht. Zwar wurden die Mädchen dafür bestraft – doch ich merkte, wie sehr wir Deutschen im Ausland im Zweifelsfall unbeliebt sind.

Ein weiteres Beispiel: Ich stand in Amsterdam an einem Ticketschalter am Hauptbahnhof. Da mein Englisch und Niederländisch noch nicht so gut waren, fragte ich die Angestellte, ob sie deutsch könne. Sie antwortete auf deutsch lapidar „Nein!“

Gestern zappte ich durch die Satellitenkanäle und kam zufällig beim arabischen Nachrichtensender „Al Jazeera International“ vorbei. Dort wurde die deutsche Wahl thematisiert, mit Ausschnitten deutscher TV-Sender. Auch hier hat man also registriert, dass bei uns etwas ins Rutschen gekommen ist.

Die Brandmauer muss halten, in jedem Fall. Und um uns Männer muss sich der Staat kümmern.

Sonst stirbt die Demokratie. 

19.2.25

USA: Warum mich Trump nicht (mehr) überraschen kann

US-Vizepräsident Vance schockte die Europäer mit seiner geäußerten Nähe zu rechtsextremen Parteien. Jetzt überrumpelt Donald Trump die NATO-Partner mit seinen geplanten bilateralen Verhandlungen mit Russland über die Ukraine. Ob unser Kontinent daran beteiligt wird, ist momentan noch unklar.

All das war zu erwarten. Während in Trumps erster Amtszeit noch Chaos herrschte, weil der US-Präsident ständig sein Personal wechselte, und ihm angesichts der Coronapandemie nichts Vernünftiges einfiel, ist das Jetzt geplant.

Lange hatten sich neokonservative und libertäre Kreise in den USA auf die erneute Machtübernahme nach dem glücklosen Joe Biden vorbereitet. Die Social-Media-Desinformationskampagne war sorgsam orchestriert, begleitet von unterwürfigen Monopol-Techmilliardären.

Gegenüber Elon Musk war Steve Bannon ein Winzling. Was wir jetzt aus Washington sehen, lässt in Bezug auf militärische, politische und wirtschaftliche Sicherheit in Europa nichts Gutes erahnen.

Militärisch droht die NATO bedeutungslos zu werden ohne US-Einfluss. Politisch setzt Trump auf radikalen Nationalismus. Wirtschaftlich könnten die geplanten Zölle für einen Abschwung in Europa sorgen.

Die deutsche Autoindustrie, ohnehin schon gebeutelt, wird leiden. Die „checks and balances“ und die Meinungsfreiheit in den USA werden leiden. Die Ukraine wird leiden, wenn sich Trump und Putin hinter ihrem Rücken einigen.

Ich bleibe bei meinem Satz, den ich vor einigen Wochen schon einmal schrieb: Let’s hope the United States and Germany and Europe as allies will get over Mr. Trump’s presidency in four years time.


 

15.2.25

Eine Woche vor der Wahl: Wählt keine Extremisten!

Der Auftritt von US-Vizepräsident Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz hat die Verstrickung der neuen US-Administration mit radikalen Kreisen verdeutlicht.

Ich bin dem deutschen Verteidigungsminister Pistorius dankbar, dass er dazu ebenso deutliche Worte gefunden hat.

Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass derjenige, der am Lautesten schreit und die menschenfeindlichsten Positionen vertritt, Recht hat. Das gilt für Politiker genauso, wie für das Internet.

Wir in Deutschland sind dabei vergleichsweise noch auf einer Insel der Glückseligen. Doch das könnte sich ändern. Morgen in einer Woche wird ein neuer Bundestag gewählt. Die rechtsextreme AfD kann dabei laut Umfragen mit etwa einem Fünftel der Stimmen rechnen.

Das sind weniger, als radikale Parteien in Österreich (rund 29 Prozent bei der letzten Wahl) und den Niederlanden (rund 25 Prozent) erreicht haben. Und auch weniger, als Marine Le Pen in Frankreich, Viktor Orban in Ungarn und die PiS-Partei in Polen hinter sich versammelt haben.

Dennoch: Man merkt, dass der Nachkriegskonsens - rechte Parteien dürfen in Deutschland keinen Fuß fassen – verblasst.

Selbst in amerikanischen Medien finden Leute wie Björn Höcke (AfD) Widerhall. Ein US-Komiker attestierte dem Thüringer, er habe „Nazi eyes“. Auch in den USA gibt es also noch vernünftige Stimmen.

Sich als Opfer zu gerieren; zu sagen, man werde „unterdrückt“ und „nicht gehört“, ist das typische Verhalten von Populisten. (ERGÄNZUNG: Auch die Schuldsuche für alles Übel dieser Welt bei Migranten und anderen Minderheiten ist typisch). Zu den Populisten zähle ich auch Frau Wagenknecht und ihr Bündnis, deren Einzug ins Parlament noch offen ist.

Eine Chance, an einer kommenden Bundesregierung beteiligt zu werden, haben AfD und BSW nicht. Wenn man den führenden Politikern dieser Republik glaubt. Hoffen wir, dass es bei dieser Zusage bleibt.

Wählt nächste Woche Demokraten. Und keine Radikale.