22.3.23

EU: Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich

Anlässlich der gewalttätigen Proteste in Frankreich gegen die dortige Heraufsetzung des Rentenalters möchte ich mal meine Gedanken zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Deutschen und Franzosen teilen.

Die derzeitigen Proteste in Frankreich gegen die Rentenpolitik von Präsident Macron erinnern mich an die brutalen Auseinandersetzungen in Deutschland um die Atomkraft. Wer in meiner Generation erinnert sich nicht an Brokdorf, Wackersdorf oder Kalkar?

Was den Deutschen ihre Umwelt und ihr Atom, ist den Franzosen ihre Sozialpolitik und ihre Rente. Die Franzosen haben über 50 Atomkraftwerke und mit La Hague eine atomare Wiederaufbereitungsanlage. Dagegen gab es dort niemals Proteste. Umgekehrt gab es bei uns kaum Proteste gegen die „Agenda 2010“ und die Heraufsetzung des Rentenalters auf 67 Jahre.

Die Franzosen haben kein Problem mit dem Atom, wir haben kein Problem mit Sozialabbau.

Als Tschernobyl 1986 geschah, durfte ich nicht im Garten spielen. Ich durfte kein Milchpulver essen, keine Pfifferlinge, kein Hackfleisch, kein Wild. Das tue ich bis heute nicht. "Ist verstrahlt", lautete die Standardantwort meiner Mutter. Diese beiden Worte haben sich in mein Gehirn eingebrannt. Es gab eine Hotline des NRW-Umweltministeriums, die meine Mutter regelmäßig für die neuesten Becquerelwerte kontaktierte. 

Nach Tschernobyl nahm die SPD Abstand von der Atomkraft. 1989 nahm die Industrie Abstand von der Idee, im bayerischen Wackersdorf eine atomare Wiederaufbereitungsanlage zu bauen. Der deutsche Atommüll wurde lieber nach La Hague und Sellafield verschickt. Die Franzosen (und Briten) hatten kein Problem mit Atomkraft. Ganz im Gegensatz zu den Deutschen. Die wehrten sich mit aller Gewalt gegen die Kernkraft.

Als Gerhard Schröder die „Agenda 2010“ verabschiedete, gab es eine Zeitlang Proteste. Irgendwann flauten die ab. Schröder überlebte seine Reformpolitik trotzdem nicht. Vergleichen mit der Gewalt in Frankreich kann man die deutschen Proteste dennoch nicht.

Gottseidank haben wir ein gemeinsames Europa, in dem wir Werte teilen. Bei allen Unterschieden, die es zwischen unseren Gesellschaften gibt.

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