31.12.23

SATIRE: So werden Sie Kanzler oder Ministerpräsident

Wollen Sie Politiker, sogar Bundeskanzler oder Ministerpräsident werden? Dann müssen Sie bestimmte Voraussetzungen bezüglich Ihres Namens erfüllen.

Wenn Sie in der SPD sind, und Regierungschef werden wollen, muss Ihr Name mit einem „S“ beginnen. Siehe Schmidt, Schröder, Scholz. Gut, da gab’s ja auch mal Brandt, aber der war Nobelpreisträger und damit sakrosankt.

Das gleiche gilt, wer in Bayern MP werden will. Siehe Streibl, Stoiber, Söder. Gut, da gab’s ja auch mal Beckstein, aber der war nur kurze Zeit im Amt.

Außerdem ist es sinnvoll, über einen Namen zu verfügen, der zugleich eine Eigenschaft symbolisiert. Siehe Lammert, Kühnert, Dürr. Der Name ist gleich der Charaktereigenschaft und prägt damit das Image.

Also: Heißen Sie Schabelowski, Brudzynski, oder haben einen ähnlich schwer aussprechlichen Namen, können Sie eine politische Karriere in Deutschland vergessen.

Ich heiße wie eine Kleinstadt in Schleswig-Holstein. Ist das eine Voraussetzung, um etwas in der Politik zu werden? Ich vermute, nein.

SATIRE-ENDE

27.12.23

SATIRE zwischen den Jahren: Lokalzeit Castrop-Rauxel-Bladenhorst

Moderazion:

Ja, heazlich willkommen zua Lokaalzait Castrop-Rauxel-Bladenhorst.

Häute is ma wieda nix passiert.

Unsere Themen:

- Schule: warum die faulen Lehra und Schüla in unsere Region nichma in den Ferien zua Schule kommen

- Geld: warum dat Christkind die Taschen von unsere Statt auch nich’ voll gemacht hat

- Zukunft: warum imma weniga Menschen unta Tage abbeiten wolln

Unsa erstet Thema.

Getz sin ja angeblich Fehrien. Abba dat geht ja nich, dattie Lehra un Schüla zuhause sin. Hamwa nich Fachkräftemangel un Bildungsnotstand? Hamwa doch, oda nich? Also hat sich unsere Repochterin, die Trine, mal’n Kameramann geschnappt un is mitti Tonmann zu ne Schule gegangen un hatta ma geguckt, ob se wiaklich alle nich kommen.

Bericht.

So, getz is halb neun Uhr morgens, un keena is da. Wia stehn hier vor de Albert-Österreicher-Schule, oda so ähnlich, un waaten schon sait geraume Zait. Abba keena kommt. Ich fraach da ma de Leute, die hier vorbei kommn tun.

- Ja, guten Tach, hammse mal me Minuhte?

- Ja, watt wolln se denn?

- Ja, hamm se vielleicht Kinda?

- Ja, habbich.

- Ja, wo sinnti denn?

- Ja, wo solln se sein? Zuhause un' am pennen.

- Ja, warum datten? Is doch Fachkräftemangel und Bildungsnohtstand.

- Ja, unn?

- Ja, tschüs.

So, datt warn mal paar Stimmen vonne Straße. Getz is et schon zehn Uhr, und keena kommt. Skandal. Tschüs.

Moderazion:

Ja, danke, Trine. So wat geht echt nich. Unsa nächstet Thema. Unsre Statt hat 50 Millonen Mark Schulden. Noch n Skandal. Da hattenwa vonne Lokaalzeit Castrop eigentlich gedacht, dattat Christkind bisken Geld inne Kasse bringt. Un wat war? Wir hamma bei de Kämmerer gefraacht.

Interview:

- Ja, Tach, Herr Kämmerer. Wieviel Geld hattat Christkind getz eigentlich gebracht?

- Wie gebracht? Wat meinense?

- Ja, dat Christkind, hattat de Kassen voll gemacht?

- Wie vollgemacht? Mein Sohn hattie Windeln voll, wenn se dat meinen.

- Ja, ne, datt mein ich nich. Et war doch Weihnachten. Wat hattat uns allen denn gebracht?

- Wie, uns? Datt Christkind hat nix gebracht. Ich glaub woll, dattie Hundesteuer wohl n bisken mehr gebracht hat als wie letztet Jahr.

- Ja, ne, danke.

Moderazion:

So, getz gehma unta Tage. Da is auch keena mehr, wa? Wir hamma geguckt.

Bericht:

Unsa Team vonne Lokalzeit is die ganzen Tage, von Düsburch na Dohrtmund, gefaahn un hat nix gefunden. Keene Berchleute, keene Kohle, keene Zeche, die wo offen war. Datt sah bei unsere letzte Bericht voa paar Jaaren noch anders aus. Na ja, paa Jahre is gut, is schon vieazig Jahre her. Kann auch fümfzig sein, Kerl, ich weiß dat nich mehr.

Abba wia ham doch Fachkräftemangel, un da wär et doch ne gute Idee, dat so paar Leute ma widda unter Tage fahn tun. Dat württoch de Quote senken. Tschüs un guten Rutsch.

Moderazion:

Ja, datt war unsa Rita mitti Bericht von unta Tage, wo keena war.

Un getz dat Wetter.

Fällt aus. Guckt halt aus’m Fensta.

Bis morgen, bei de Lokalzeit Castrop-Rauxel-Bladenhorst.

SATIRE-ENDE

24.12.23

Eine kleine Weihnachtsgeschichte

Es muss irgendwann zwischen 2004 und 2007 gewesen sein. In irgendeiner Nacht. So gegen Mitternacht.

Ich lag im Bett, in meinem kleinen Studentenzimmer, und konnte – mal wieder – nicht schlafen.

Also stand ich auf, machte das Licht an, und setzte mich an den Schreibtisch. Und schaltete das Radio an.

Die Nachrichten liefen. Dann begann das Nachtprogramm. Der Radiomann meldete sich, wie üblich, mit den Verkehrsdurchsagen.

Irgendwie kam mir diese Stimme bekannt vor. Irgendwoher hatte ich sie schon einmal gehört.

Dann das Jingle fürs Nachtprogramm. Der Moderator begrüßte seine Hörer und nannte seinen Namen.

Ich fiel fast vom Stuhl.

Es war M. Mein alter Schulfreund. Er moderierte das Nachtprogramm. Deutschlandweit.

Ich nahm meine Kopfhörer, und vergaß, vor lauter Aufregung, eine Kassette zum Mitschneiden einzulegen.

Stundenlang hörte ich ihm zu. Ein Titel, eine Moderation, zwei Titel, Zeitansage, noch zwei Titel, Nachrichten, Wetter, Verkehr.

Statt mitzuschneiden, kramte ich die alten Kassetten hervor, die wir beide als Kinder zusammen aufgenommen hatten. Hörte sie noch einmal.

Ich erkannte seine Stimme wieder, aber damals waren wir gerade im Stimmbruch gewesen. 

Mehr als zehn Jahre hatten wir uns nicht gesehen. Jetzt hörte ich ihn wieder.

Dann nannte M. eine Telefonnummer, bei der die Hörer Grüße und Wünsche loswerden konnten

Sollte ich anrufen? Ich wagte es nicht.

Wie Menschen sich entwickeln können, dachte ich mir. Ich sitze hier also in meiner kleinen Bude, und, weit entfernt, sitzt mein alter Schulfreund in einem Studio, spricht in ein Mikro, und ich höre ihm zu.

Bis morgens um fünf Uhr lauschte ich ihm andächtig. Kurz vor fünf verabschiedete er sich.

Wenn er gewusst hätte, dass ich, viele hundert Kilometer entfernt, unter seinen Hörern war….er hätte sich bestimmt gefreut.


The magic of radio


The magic of the night


The magic of loneliness


The magic of Christmas


Merry Christmas


20.12.23

Zu Weihnachten: Die Songs meines Lebens (Fortsetzung) – Huey Lewis and the News – Walking on a thin line (1983)

Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Song mit seinem markanten Bass-Intro gehört habe.

Geschrieben von „Pessis/Wells“, geht es darin um einen desillusionierten und verarmten Vietnam-Veteranen („Walking on a thin line / Straight off the front line / labeled as freaks / loose on the streets of the city“). Ähnlich wie das etwas später erschienene „Born in the USA“ von Bruce Springsteen.

Das Lyrische Ich appelliert verzweifelt an die Frau nebenan, ihn wahrzunehmen („Don’t you know me / I’m the boy next door / The one you find so easy to ignore.../“) und fragt sich, ob es wert war, angesichts so viel Ignoranz zu kämpfen („...is it that what I was fighting for?“).

Die Nummer erschien auf dem erfolgreichsten Album „Sports“ der „News“. Viele ihrer Hits schrieben ihnen damals Nicky Chinn und Mike Chapman („Chinnichap“, wie etwa „Heart and Soul“). Diese hatten mit ihrem Songwriting bereits in den 1970ern Bands wie die Glam-Rocker „The Sweet“ zu Stars gemacht.

Meine Lieblingsnummer von „Huey Lewis and the News“ ist jedoch der 1991er-Hit „Hit me like a hammer“. Das war die Zeit, in der auch der Erfolg der Band abebbte. Bis sie nur noch auf Oldiestationen gespielt wurden – dort meist leider nur „The power of love“, weil der durch den Film „Back to the future“ bekannt wurde. 1994 folgte dann noch das Cover „Some kind of wonderful“, und 2002 eine weitere CD.

Doch Frontmann Huey Lewis leidet inzwischen unter massiver Taubheit, wie ich einmal in einem Beitrag eines US-TV-Senders auf YouTube sah. Daher wird man die Band wohl leider nicht mehr sehen.

Die 80er sind lange vorbei.

18.12.23

DIE LINKE und Sahra Wagenknecht

Dass DIE LINKE bei den letzten Bundestagswahlen aus dem Parlament flog, und nur durch drei Direktmandate eine Fraktion bilden konnte, wunderte mich nicht. Auch, dass Sahra Wagenknecht nun eine eigene Partei gegründet hat, ist nicht erstaunlich.

Die LINKSPARTEI hat sich seit Jahren, anstatt mit den drängenden Fragen unserer Zeit, weitgehend mit sich selbst beschäftigt. Hat endlose, quälende Grundsatzdebatten geführt. Das verstand draußen im Land keiner.

Dass Wagenknecht es nun selbst mit ihrem Bündnis versuchen will, finde ich weder falsch, noch richtig; weder gut, noch schlecht. Sondern konsequent.

Auch mehr als dreißig Jahre nach der Wende hat ihre alte Partei es nicht vermocht, bundesweit Fuß zu fassen. Sie regiert zwar etwa in Bremen mit, und stellt den MP in Thüringen. Aber da gilt eher der alte Satz „Ausnahmen bestätigen die Regel“.

Als Schröder seine „Agenda 2010“ vorstellte, vor 20 Jahren, da hatte die PDS-WASG ihr Thema gefunden. Mit dem Kampf gegen die Sozialreformen definierte sie sich, und gründete sich die LINKSPARTEI. Doch der Protest flaute irgendwann ab. Bald waren andere Themen wichtiger.

Und DIE LINKE verlor ihre Kernkompetenz als „Partei der sozialen Empörung“. Erging sich stattdessen in Selbstzerfleischung.

Es ist fraglich, ob sie jemals wieder als Fraktion in den Bundestag einziehen wird.