20.4.24

Mal (wieder) Wirtschaft: Welche ökonomischen Konzepte die Parteien haben – momentan

Fangen wir mit der Partei an, die den Kanzler stellt.

Kanzler Scholz wurde vor wenigen Wochen von Wirtschaftsvertretern hart kritisiert. In dem Zusammenhang wurde auch sein Bonmot wiederholt, dass die Klage „das Lied des Kaufmanns“ sei.

Als Juso gehörte der Kanzler, so weit ich weiß, zu den ganz Linken, und opponierte gegen den damaligen Kanzler Schmidt. Allerdings war er nicht so auffällig wie sein Vorvorgänger Gerhard Schröder, sondern – wie es seine Art ist – eher zurückhaltend.

In seiner Zeit als SPD-Generalsekretär und Arbeitsminister verteidigte Scholz die schröder’sche „Agenda 2010“. Ich erinnere mich an einen Auftritt im TV, bei welchem er sagte, wer etwas gegen seine Politik habe, könne ja „ein Flugblatt drucken“. Klassischer Weg von ganz links in die Mitte, Altersreifung, könnte man sagen.

Die Hartz-Reformen wollte die SPD-Basis immer schon weg haben. Jetzt heißt „Hartz IV“ Bürgergeld, und wurde wegen der anhaltenden Inflation massiv erhöht. Für Wirtschaft ist die SPD in der Bundesregierung allerdings nicht zuständig. 

Damit sind wir bei der Union. Denn die kritisiert die Kanzlerpartei dafür, dass sie die Sozialleistung aus- und umgebaut hat. Und möchte stattdessen eine Grundsicherung.

CDU-Chef Merz war lange Jahre Aufsichtsratschef von Blackrock Deutschland, dem weltgrößten Vermögensverwalter aus den USA. Der ist an vielen deutschen DAX-Konzernen beteiligt, wenn auch nur zu geringen Prozentzahlen. Aber massivst einflussreich.

Das erklärt vermutlich, warum die Union ihre gemäßigte Haltung aus MerkelVonderLeyenKrampKarrenbauer-Zeiten aufgegeben hat. Sie fährt – wieder – einen rein wirtschaftsliberalen Kurs. Sinnbildlich dafür steht CDU-Generalsekretär Linnemann, ein Vertreter der Wirtschaftslobby und ehemaliger Chef der Unions-Mittelstandsvereinigung.

Wird die Union damit Erfolg haben? Das hängt vor allem vom Kurs und Ausrichtung des potenziellen Koalitionspartners FDP ab, zu dem ich jetzt komme.

Die FDP wollte 2017 nicht mit Merkels CDU und den Grünen regieren, weil sie sich daran erinnerte, nach der Koalition mit ihr zwischen 2009 und 2013 aus dem Bundestag geflogen zu sein. Merkel regierte – aus Gründen, die Politikwissenschaftler analysieren müssten – lieber mit der SPD.

Nun stellt die FDP mit SPD und Grünen den Finanzminister in einer unbeliebten Regierung und droht, mal wieder, unter die Fünf-Prozent-Hürde zu rutschen. Lindner ist fiskalischer Hardliner. Er hat einen kleinen Kompromiss gemacht bei der Kindergrundsicherung, indem er der grünen Familienministerin etwa 2 Milliarden Euro – viel weniger als verlangt - zugestand.

Sonst setzen Lindner und co. ökonomisch auf Angebotspolitik (Ausnahme: Deutschlandticket) und wieder auf Konfrontation. Wird das helfen? Jedenfalls für eine schwarz-gelbe Koalition reichen die Zahlen nicht, weder heute noch in Zukunft. Die FDP wird also in den sauren wirtschaftspolitischen Apfel beißen müssen, und weiter regieren bis 2025.

Zu den Grünen: Wirtschaftsminister Habeck hat in Philosophie promoviert, ist Buchautor und war mal Minister in Schleswig-Holstein. Keine klassische Voraussetzung, um wirtschaftspolitisches Profil zu entwickeln. Wenn man die Position der Grünen bestimmen will, komme ich zum Ergebnis, dass diese denen der SPD relativ gleichen: sanfter, aber entschiedener Staatsinterventionismus, Nachfragestärkung, Subventionen (Stichworte hier: Batteriefabrik Northvolt, Intelfabrik Sachsen-Anhalt), Konjunkturbelebungsinvestitionen etc.

Die Helden der AfD sind Hayek und Friedman. Sie lehnen den Sozialstaat, staatliche Interventionen etc. rundweg ab. Sogar Beamte und Steuern sind ihnen ein Dorn im Auge. Radikallibertär könnte man ihre Position nennen. Dazu kommen populistische Aussagen wie die Forderung, das Bargeld nicht abzuschaffen (als ob dies jemand wollte).

Soweit ein Überblick über die derzeitigen ökonomischen Positionen der Bundestagsparteien.

„DIE LINKE“ lasse ich weg, da nur noch eine Gruppe im Bundestag. Auch das „BSW“ sitzt nicht im Bundestag, und findet daher hier keine Erwähnung.

29.3.24

Zu Ostern: Die Songs meines Lebens: The Cars – „Magic“ (1983)

Die „Cars“ sind heute weitgehend vergessen. Die beiden Frontmänner Ric Ocasek („Emotion in motion“) und Benjamin Orr sind leider schon verstorben.

Dabei waren sie eine der ersten Bands, die einen MTV Video Music Award in den USA erhielten. Einer ihrer weiteren Hits, noch in den 1970ern, war bereits „Just what I needed“ (gesungen von Orr). Ihre bekannteste Nummer ist sicher die Ballade „Drive“, die heute noch von Classic-Hits-Sendern gerne genommen wird.

„Magic“ wurde von Ocasek gesungen. Im Video sieht man ihn jesusgleich und predigerhaft auf einem gefüllten Pool laufend, von Anhängern angehimmelt. (Das ist natürlich nur Ironie. Ich hoffe, man darf dies zu einem christlichen Fest schreiben. Schaut Euch das Video auf YouTube einfach an. MTV hat’s jedenfalls gefallen, damals).

Warum ich mich so an diese Nummer erinnere, weiß ich eigentlich nicht. Sie ist mir seit meiner Kindheit präsent. Dabei waren die einschlägigen Sendungen „Mal Sondocks Hitparade“ und die „Großen Acht von RTL“ vor meiner Zeit.

Aber ich liebe die Musik dieser Zeit einfach. Und ich finde, man kann vielen Songs anhören, aus welchem Jahr sie stammen. Das Jahr 1986, das mir als Jahr von Tschernobyl präsent ist, verbinde ich zum Beispiel ebenso mit „The way it is“ von Bruce Hornsby and the Range. Und Grönemeyers „Sprünge“-Album. Und „Radio Musicola“ von Nik Kershaw...undundund.

27.3.24

Warum die Schuldenbremse gestrichen werden sollte

Das Wachstum soll 2024 nur magere 0,1 Prozent betragen, vermelden heute die führenden Wirtschaftsforscher der Nation. Vorher war man noch von einigermaßen okayen 1,3 Prozent ausgegangen.

Wie soll der Staat nun die Wirtschaft ankurbeln?

Wirtschaftsminister Habeck hat dazu einige Pläne angedacht. Allerdings dürften diese mit Lindners FDP nicht kompatibel sein. So wird es wohl beim „Wachstumschancengesetz“, oder wie dieses Wortungetüm heißt – ich habe es nicht gegoogelt - , bleiben.

Ein weiterer Punkt wäre die Aussetzung der Schuldenbremse. Mit Rot und Grün wäre das machbar, aber nicht mit Gelb. Und schon gar nicht mit Schwarz und Blau.

Die Befürworter der Schuldenbremse gehen dabei von zwei maximalen Fehleinschätzungen aus.
Man – der Staat - kann sich aus einer Wirtschaftskrise nicht „heraus sparen“. Und, anders, als viele Fachleute suggerieren, wird man – der Staat - auch durch Sparen nicht reicher.

Stattdessen müsste man antizyklisch handeln, „deficit spending“ betreiben, Geld durch staatliche Investitionen in die Wirtschaft pumpen. Es muss ja nicht gleich ein ganzes, teures Konjunkturprogramm, wie in den 1970ern, sein.

Und zur Überschrift: Ich kann es nur noch einmal schreiben, wie ich es an dieser Stelle mehrfach geschrieben habe. Ich bin kein Verfassungsjurist. Aber gibt es ein „Grundrecht auf einen schuldenfreien Haushalt“? Ein Grundrecht, das sogar im Grundgesetz verankert sein muss?

Gewiss, die Befürworter der Schuldenbremse werden jetzt sagen, sie sei ein Beitrag zur Generationengerechtigkeit. Damit „wir“ den nachfolgenden Generationen keinen Schuldenberg hinterlassen.

Das ist damit aber noch lange kein Grundrecht, wie Meinungs-, Versammlungs-, oder Redefreiheit. 

Es ist Zeit, daran zu schrauben. Wie es die führenden Wirtschaftsforscher heute – zumindest behutsam – ja auch angeregt haben.

21.3.24

Wer soll das alles schauen, hören und lesen?

Mittlerweile konkurrieren in Deutschland zig Streamingdienste um die Gunst des Publikums. Dort findet man in der Regel aktuelle, alte und neue Produktionen. Aber auch viel Durchschnitt und zig mal Gesehenes. Oftmals laufen Filme bei gleich mehreren Diensten.

Auch der Audiomarkt ist umkämpft. Gefühlt macht jeder Zweite bei uns einen Podcast. Von Lebenshilfe über Crime bis Current Affairs ist alles dabei. Die Auswahl ist schier unendlich.

Wenn man früher in ein Buchgeschäft ging, und einen Krimi suchte, fand man in der Regel ein Regal voll davon. Mittlerweile sind die wenigen verbliebenen großen Buchhändler mit Massen an Krimis überfüllt. Ich gebe bei der Suche danach in Buchhandlungen meist sofort auf, angesichts des unüberschaubaren Angebots.

Es ist seltsam. Klassische Medienjobs werden immer rarer und umkämpfter. Gleichzeitig steigt das Medienangebot rasant an. Ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht. Lediglich die gedruckte Presse baut ab. Als ich neulich durch eines der großen Magazine blätterte, fand ich darin kaum Anzeigen. Wer noch die dicken, mit Werbung gut gefüllten Zeitschriften und Magazine bis in die 1990er-Jahre kennt, weiß, wie sich das geändert hat.

Nur: Ich fürchte, beim TV, Streaming und Podcasts baut sich eine Blase auf. Wer soll das alles konsumieren? Es muss einen Markt dafür geben, und die Aufmerksamkeitsökonomie ist nicht unbegrenzt ausbaubar. Auch Werbeeinnahmen sind endlich.

Es wird wohl bald eine Marktkonsolidierung stattfinden.

18.2.24

Lesen, Selbsterfahrung und das „Innere Kind“

 Als Mitarbeiter einer Zeitung darf ich dessen E-Paper kostenlos lesen.

Mein Arbeitgeber bietet dem zahlenden Leser darüber hinaus auch Zugriff auf diverse Magazine.

Ich bin eine Leseratte, wie viele Blogger. Ein News-Junkie, wie ich hier schon einmal schrieb.

Ich lese Bücher, Zeitungen und Magazine. Wobei, momentan mehr Zeitungen und Magazine, als Bücher, denn ich habe so viele neue Bücher in meinem kleinen Reich herum liegen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.

Eines der Magazine, die mein Arbeitgeber mir zu Verfügung stellt, enthält diese Woche ein Interview mit einer Psychologin, die über Selbsterfahrung durch Psychotherapie, und die Auseinandersetzung mit dem „Inneren Kind“, befragt wird.

Sie kritisiert, dass zu viele Menschen „um sich selbst kreisen“, und Psychotherapie und Selbstbeschäftigung als Selbstzweck sehen, um zu einer Erkenntnis hin zu einem besseren Leben zu gelangen. Dafür sei Psychotherapie allerdings nicht da. Sie solle Kranken helfen, um gesund zu werden.

Das „Innere Kind“. Etwas, über das ganze Bücher geschrieben werden, und mit dem sich viele heutzutage in der zunehmend enttabuisierten Psychotherapie beschäftigen.

Was ist das „Innere Kind“? Auch ich habe mich damit schon beschäftigt.

Als ich vor etwas mehr als zwei Jahren anfing, Schlagzeug zu spielen, sagte ich meinem Lehrer nach der ersten Stunde, ich fühlte mich wieder jung. Dreißig Jahre jünger. Weil es genau das ist, was ich als Kind immer machen wollte.

Also eine positive Erfahrung.

Als meine Eltern vor weniger als zwei Jahren starben, fühlte ich mich schutzlos. Wie ein Elfjähriger, der den plötzlichen Tod seiner Schützenden verkraften musste.

Also eine negative Erfahrung.

Ich versuche es mal, aus meiner Sicht, zu formulieren. Ich bin kein Psychotherapeut, kann diesen Zustand also nur subjektiv beschreiben.

Für mich ist es, im Grunde genommen das Gleiche, nur unter verkehrten Vorzeichen:

Man fühlt sich wieder jung, weil man etwas tut, was man als Kind schon gerne wollte.

Man fühlt sich wieder jung, weil man die eigenen Eltern verliert, und plötzlich alleine, ohne sie, dasteht.

Damit verbunden ist die Auseinandersetzung mit dem „Inneren Kind“.

Das Alter rückt näher, gleichzeitig fühlt man sich, durch äußere Anlässe, zurück versetzt.

Das „Innere Kind“ möchte schreien vor Freude oder Trauer, wahlweise. 

Gleichzeitig mahnen dich Vernunft und Erfahrung, sich wie ein Erwachsener zu gebären.(ERGÄNZUNG, 26.5.24: Es muss natürlich "gebärden" und nicht "gebären" heißen, sorry).

Man wird älter und jünger, zugleich.

Ich habe es so beschrieben, wie ich es momentan empfinde.